Politik

Amtsärzte dringen auf Fortsetzung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst

  • Freitag, 4. April 2025
/picture alliance, Guido Kirchner
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Erlangen – Mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen hat der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) seine Forderung nach einer Weiterführung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) bekräftigt.

Darüber hätten rund 4.800 Stellen generiert werden können, aber eine Verstetigung müsse dringend forciert werden, sagte die Verbandsvorsitzende Kristina Böhm anlässlich des ÖGD-Kongresses, der heute in Erlangen endet. Die Zeit dränge, machte sie mit Blick auf den auslaufenden Pakt deutlich: „2026 ist gar nicht mehr so weit entfernt.“

In einem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD, das vergangene Woche bekannt geworden war, ist eine Fortführung des Paktes für den ÖGD vorgesehen.

Dafür sind für 2027 und 2028 je 750 Millionen Euro an Mehrkosten aus Steuergeldern festgehalten. Bisher ist allerdings offen, ob und in welcher Form die Vorschläge der AG in einen möglichen Koalitionsvertrag eingehen.

Böhm begrüßte, dass das Thema in den Koalitionsverhandlungen aufgerufen und verschriftlicht worden sei. „Die Summe reicht nicht ganz an das heran, was wir mit dem ersten Pakt für den ÖGD erreichen konnten. Aber ich glaube, es ist ein extrem wichtiges Signal.“ Auch weil es die Stellen bereits gebe und es nun noch um eine Verstetigung gehe, halte sie die Summe für angemessen.

Stellen würden „durch die Hintertür“ abgebaut

Durch die schwierige finanzielle Lage der Kommunen komme es aber bedauerlicherweise bereits zu einem Stellenabbau „durch die Hintertür“, schilderte Böhm. Über den Pakt geschaffene Stellen ließen sich zwar nicht so einfach abbauen, da es ein Monitoring gebe.

Aber es fänden etwa verzögerte Nachbesetzungsverfahren statt oder Nachbesetzungen blieben ganz aus. „Damit kann man über andere Stellen, die man einfach wegfallen lässt, durchaus durch die Hintertür wieder eine Reduzierung herbeiführen.“

Sie gab zu bedenken, dass die Gesundheitsämter durch den Pakt ohnehin kein „echtes Mehr“ erhalten hätten, sondern lediglich massive Einsparungen früherer Jahre ausgeglichen worden seien. Neue Aufgaben fänden sich auch noch gar nicht in der Personalkostenberechnung.

Herausforderungen wie Klimawandel, demografischer Wandel und militärische Bedrohung sorgten dafür, dass der ÖGD auch in Zukunft immer wieder an vorderster Front mit dabei sein müsse, betonte die Verbandsvorsitzende.

„Wir leben in Zeiten, wo wir uns als Gesellschaft leider auf Krisen und unglücklicherweise auch auf militärische Auseinandersetzungen besser vorbereiten müssen“, ergänzte der erste stellvertretende Vorsitzende Emanuel Wiggerich. Das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch Funktionen des ÖGD seien betroffen.

Es sei entscheidend, dass der ÖGD dabei in allen Punkten von allen Akteurinnen und Akteuren mitgedacht werde, betonte Wiggerich. Kernaufgaben wie koordinative und planerische Aspekte könnten auf den ÖGD zukommen – und er müsse den Menschen helfen, sich selbst zu helfen und die Gesundheitskompetenz zu steigern.

Fortschritte im Digitalen, aber kein Ende des Faxens

Bei der Digitalisierung habe es durch den Pakt sicherlich Fortschritte gegeben, sagte Wiggerich etwa mit Blick auf den Infektionsschutz. „Ansonsten müsste man, glaube ich, kritisch diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass man keine Standards gesetzt hat. Weil wir doch eine Zersplitterung der verschiedenen Systeme ansonsten erleben.“ Dabei sei man aber auf einem guten Weg und dürfe nicht nachlassen.

Trotz eines „Quantensprungs“ bei der Digitalisierung müssten noch immer Faxgeräte genutzt werden, weil Faxe empfangen werden müssten, etwa aus Arztpraxen, ergänzte Böhm. Gemeinschaftliche Schnittstellen zu nutzen, müsse noch gut geübt werden.

Den ÖGD bei ePA und Co. mitdenken

Für den ÖGD sei zudem wichtig, bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen immer konsequent einbezogen zu werden, sagte Wiggerich mit Blick auf Videosprechstunden und die elektronische Patientenakte (ePA). Diese „guten Ansätze“ richteten sich bisher an die Kolleginnen und Kollegen „draußen“, dabei gebe es auch Schnittstellen für den ÖGD, wie zum Beispiel das Eintragen von Impfungen in die ePA oder Video-Beratungen von Bürgern.

Im Pakt genannte Aspekte wie die Gründung von Professuren seien erfreulicherweise bereits umgesetzt worden, in Dresden, Köln und Leipzig, sagte die Vorsitzende der Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen (DGÖG), Susanne Pruskil. „Wir arbeiten schon eng mit diesen Kolleginnen zusammen.“ Insofern sei eine Fortsetzung des Paktes entscheidend.

Mit Blick auf die Gründung der Fachgesellschaft vor zwei Jahren berichtete sie von inzwischen mehr als 600 Mitgliedern. Das zeige: Der Bedarf an wissenschaftlicher Fundierung, Austausch und Weiterentwicklung sei groß. Nun müssten Forschung, Lehre und evidenzbasierte Praxis weiter gestärkt werden.

ggr

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