AOK-Bundesverband legt Positionspapier zur Heilmittelversorgung vor

Berlin – Eine umfassende Ausbildungsreform als Grundlage für eine stärkere therapeutische und wirtschaftliche Verantwortung von Therapeutinnen und Therapeuten sowie eine bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit fordert der AOK-Bundesverband in einem aktuellen Positionspapier.
„Wir können den aktuellen Herausforderungen in der Heilmittelversorgung wie den sinkenden Ausbildungszahlen nicht mehr allein dadurch begegnen, dass wir immer mehr finanzielle Mittel in diesen Bereich pumpen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann.
Allein von 2015 bis 2023 hätten sich die Ausgaben im Heilmittelbereich von sechs auf etwa zwölf Milliarden Euro verdoppelt. Nachdem sich die Verdienstmöglichkeiten der therapeutischen Berufe bereits verbessert und die Honorare in den letzten Jahren deutlich gestiegen seien, müsse die weitere Gesetzgebung nun die Weiterentwicklung von Qualität und Effizienz der Versorgung in den Mittelpunkt stellen.
„Um den Beruf attraktiver zu machen, müssen jetzt zunächst die längst überfälligen Ausbildungsreformen zügig umgesetzt werden“, so Reimann.
In dem Positionspapier fordert die AOK-Gemeinschaft eine grundsätzliche Aufwertung und Standardisierung der Ausbildungen im Heilmittelbereich. Notwendig seien die Integration von sogenannten Zertifikatsleistungen in die Ausbildung und ein Nebeneinander von fachschulischer und akademischer Ausbildung.
Ein erster Arbeitsentwurf zur Aktualisierung des Physiotherapeuten-Gesetzes weise mit der vorgesehenen Teilakademisierung des Berufes in die richtige Richtung, bleibe aber bei der Erweiterung der Kompetenzen hinter den Erwartungen zurück.
Darüber hinaus wird eine bundesweit verankerte Schulgeldfreiheit gefordert, um die Heilmittelberufe attraktiver zu machen und die Benachteiligung gegenüber anderen Gesundheitsberufen zu beenden. „Die Finanzierung der Ausbildung ist allerdings eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss deshalb aus Steuern finanziert werden“, betonte Reimann. Eine Bezahlung der Ausbildungskosten durch die Beitragszahlenden der GKV lehne man entschieden ab.
Aus Sicht der AOK sollte die Expertise der Therapeuten künftig stärker in die Planung und Steuerung der Behandlung einfließen.
Vor dem Hintergrund der noch ausstehenden Ausbildungsreform sei es zwar zielführend, dass weiterhin zunächst ein Arzt oder eine Ärztin die medizinische Notwendigkeit einer Versorgung mit Heilmitteln feststelle – die Heilmittelerbringenden sollten aber sukzessive mehr Raum für eigenen Therapieentscheidungen bekommen. Dann könnten zum Beispiel detaillierte ärztliche Angaben auf den Verordnungen entfallen, die heute noch erforderlich sind.
Vor der Einführung eines Direktzugangs der Patienten zur Heilmittel-Versorgung sollten aber zunächst die Erfahrungen aus der Einführung der Blankoverordnung für ausgewählte Leistungen in den Bereichen Ergotherapie und Physiotherapie ausgewertet werden. Die Blankoverordnung war für bestimmte Indikationsbereiche zum 1. April 2024 in der Ergotherapie und zum 1. November 2024 in der Physiotherapie ermöglicht worden.
Mit der Übernahme von zusätzlicher Verantwortung für Therapieentscheidungen müssten Therapeutinnen und Therapeuten künftig aber auch die volle wirtschaftliche Verantwortung für diese Entscheidungen tragen, fordert die AOK in ihrem Positionspapier. Es bedürfe daher klarer gesetzlicher Regelungen im Sozialgesetzbuch zur Übernahme der Wirtschaftlichkeitsverantwortung.
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