Politik

Apotheker sollen künftig Totimpfstoffe verimpfen und auf Viren testen dürfen

  • Dienstag, 15. Oktober 2024

Berlin – Apotheker sollen künftig nicht nur gegen COVID-19 und gegen Grippe impfen, sondern dauerhaft sämtliche weitere Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen bei Erwachsenen durchführen dürfen. Das sehen noch nicht ressortabgestimmte Änderungsanträge zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit vor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen.

Damit könnten Apotheken künftig auch Impfungen unter anderem gegen Diphtherie, Hepatitis B, Kinderläh­mung, Keuchhusten und Tetanus anbieten. Diese Änderungen waren bereits im Entwurf des Apothekenreform­gesetzes vorgesehen. Jedoch hat sich bislang die Verabschiedung des Entwurfs durch das Bundeskabinett immer wieder verzögert.

Denn das geplante Apothekenreformgesetz ist inhaltlich im Gesundheitswesen hoch umstritten. Auch die FDP hatte sich gegen wesentliche Reforminhalte ausgesprochen. Deshalb könnte es sein, dass die Ampelregierung das Vorhaben der Erweiterung von Impfungen in Apotheken in das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit übertragen will, damit die Pläne schneller in Kraft treten können.

Voraussetzung für die geplante Impferweiterung ist, dass die Apothekerinnen und Apotheker eine entspre­chende ärztliche Schulung ab­solviert haben und diese Impfungen für eine öffentliche Apotheke durchgeführt werden, bei der sie arbeiten. Geimpft werden dürfen in der Apotheke nur Personen ab dem 18. Lebensjahr.

Wer bereits ärztlich für das Impfen in der Apotheke geschult ist, braucht nur noch eine Ergänzungsschulung für das weitere Impfen mit Totimpfstoffen. Damit soll die Kenntnis von möglichen Kontraindikationen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zur jeweiligen Schutzimpfung vermittelt werden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) und die Bundesapothekerkammer (BAK) sollen das bereits bestehende Muster­curriculum zur Durchführung von Impfungen in der Apotheke entsprechend weiterentwickeln und erweitern, heißt es weiter in den Änderungsanträgen.

Die vorher bestehende Altersgrenze für Schutzimpfungen gegen COVID-19 ab 12 Jahren soll mit diesen Rege­lungen angepasst werden. Hintergrund ist, dass die aktuelle COVID-19-Impfempfehlung für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht mehr standardmäßig vorgesehen ist. Dies hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihren Empfehlungen im vergangenen Jahr überarbeitet.

Der Entwurf stellt weiter klar, dass die Verimpfung von Lebendimpfstoffen grundsätzlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sein soll. Zu diesen gehören Vakzine wie etwa Masern, Mumps, Röteln und Windpocken.

Apotheken und Pflegefachkräften sollen verstärkt testen dürfen

Weiter ist in den Änderungsanträgen geregelt, dass in der Apotheke sowie von Pflegefachpersonen in Pflege­heimen künftig In-vitro-Diagnostika für Schnelltests bei Testung auf Adenoviren, Influenzaviren, Norovirus, Respiratorische Synzytial Viren und das Rotavirus durchgeführt werden können. Damit sollen frühzeitige Krankheitsausbrüche durch ein Ausweiten des Testangebots verhindert werden. Auch dies ist bereits im Entwurf des Apothekenreformgesetzes vorgesehen.

Bislang durften Apotheken nur auf COVID-19 testen. In den vergangenen Jahren hätten Apotheken eine ent­sprechende Testinfrastruktur bundesweit geschaffen, heißt es in den Änderungsanträgen. „Diese geschaffene Testinfrastruktur soll auch zukünftig flexibel und kostengünstig eingesetzt werden.“

Apotheken-Ident-Verfahren geplant

In den Änderungen ist zudem ein weiterer Antrag zur Etablierung eines Verfahrens vorgesehen, wie sich Ver­sicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Zuge der Einstellung einer elektronischen Patien­ten­akte (ePA) authentifizieren können.

So sollen Versicherte künftig auch in der Apotheke eine GesundheitsID ihrer Krankenkasse erhalten können. Diese wird für die Einrichtung der ePA benötigt. Die „ePA für alle“ soll ab Anfang 2025 allen Versicherten per Opt-out-Regelung zur Verfügung gestellt werden. Versicherte können widersprechen, wenn sie dies nicht wünschen.

Das Verfahren in der Apotheke soll ähnlich wie Post-Ident in Filialen der Deutschen Post funktionieren. Dem­nach sollen Versicherte sich sicher identifizieren und mit einer GesundheitsID oder einer PIN zur elektroni­schen Gesundheitskarte (eGK) ausstatten lassen können. Es gibt daneben weiter das Verfahren, in dem Ver­si­cherte auch in die Geschäftsstelle ihrer Krankenkasse gehen können, um sich entsprechend zu authentifizie­ren.

Die Beauftragung eines Unternehmens, um das Verfahren in der Apotheke technisch zu ermöglichen, wird nun geregelt, heißt es in den Änderungsanträgen. Eine schnelle, technische Umsetzung und eine enge Verzahnung des Apotheken-Ident-Verfahrens mit der Telematikinfrastruktur und der Anwendung E-Rezept soll ermöglicht werden.

Das Apotheken-Ident-Verfahren umfasst den Änderungsanträgen zufolge zwei Stufen. Die erste Stufe umfasse den kasseninduzierten Prozess und werde ab der genannten Frist durch die Kassen bereitgestellt. Die zweite Stufe umfasse den versicherteninduzierten Prozess und soll von den Kassen bereitgestellt werden, sobald die dafür notwendigen Voraussetzungen durch die Gesellschaft für Telematik geschaffen wurden.

Pflegebedürftige sollen E-Rezepte per Telefon einlösen können

Weiter sollen Pflegebedürftige eine favorisierte Apotheke künftig wählen können. Bis zu fünf Apotheken können benannt werden. Mit dieser Ernennung könnten pflegebedürftige Versicherte E-Rezepte ohne einen Besuch in der Apotheke einlösen.

Pflegebedürftige können die Apotheke über vorliegende E-Rezepte etwa telefonisch, per E-Mail oder über einen Messenger informieren und um die Einlösung der Verordnung bitten, heißt es in den Änderungsanträ­gen.

Die sichere Identifizierung zur Benennung als favorisierte Apotheke erfolgt den Anträgen zufolge entweder durch das Apotheken-Ident-Verfahren in der Apotheke, über eine E-Rezept-App oder über ein anderes sicheres Identifikationsverfahren, etwa das Post-Ident-Verfahren.

Das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit sieht hauptsächlich die Gründung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) vor. Das Institut soll zum 1. Januar 2025 seine Arbeit aufnehmen und als selbstständige Bundesoberbehörde die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und teilweise des Robert Koch-Instituts (RKI) übernehmen.

Der Bundestag hatte Ende September in erster Lesung über das Gesetz beraten. Für morgen ist eine Anhörung von Sachverständigen im Gesundheitsausschuss zu diesem Gesetzentwurf vorgesehen.

cmk

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