Ärzte sollen Einrichtungen den Opioid-Antagonisten Naloxon verordnen dürfen

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will langjährigen Forderungen aus der Drogen- und Suchthilfe nachkommen und den Zugang zum Opioid-Antagonisten Naloxon erleichtern. Unter anderem sollen Ärztinnen und Ärzte das Notfallmittel künftig statt Einzelpersonen ganzen Einrichtungen verordnen dürfen.
Das geht aus einem Referentenentwurf für eine Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Darin folgt das BMG Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht vom Anfang des Jahres.
Naloxon dient der Notfalltherapie bei einer bekannten oder vermuteten Opioid-Überdosierung. Das halbsynthetische Morphinderivat hat eine sehr hohe Affinität zu Opioidrezeptoren und verdrängt Opioid-Agonisten, wodurch es die Wirkung aufhebt. Als Nasenspray appliziert, gilt es als eine der effektivsten und sichersten Möglichkeiten, eine lebensgefährliche Atemdepression und Depression des Zentralnervensystems zu verhindern oder zu beenden.
Bisher konnten Ärzte das Mittel nur individuell oder für den Praxisbedarf verschreiben. Künftig sollen sie dies auch ohne Nennung von Namen, Geburtsdatum und Dosierung für Einrichtungen der Drogen- und Suchthilfe, der Obdachlosenhilfe, des Strafvollzuges, der Zollbehörden, der Ordnungsbehörden und der Bundes- und Landespolizei verordnen können.
„Die Änderung schafft Möglichkeiten für einen erleichterten Zugang zu Naloxon-Nasenspray, damit im Falle von Opioid-Überdosierungen wirksam Todesfälle verhindert werden können“, heißt es im Entwurf. Eine patientenindividuelle Verordnung bleibe aber weiterhin möglich.
Die genannten Einrichtungen und Behörden könnten künftig Naloxon-Nasenspray in ausreichenden Mengen vorsorglich beschaffen, um damit entsprechend geschulten Mitarbeitende die Anwendung zu ermöglichen.
Die Neuregelung sei notwendig, weil durch Entwicklungen auf internationalen Drogenmärkten vermehrt synthetische Opioide – beispielsweise Fentanyl – verstärkt vorkämen und missbraucht würden.
Außerdem sollen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Naloxon, die national zugelassen wurden, aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. So solle Naloxon-Nasenspray, neben der einrichtungsbezogenen Verschreibung, auch als sogenanntes „Take-Home Naloxon“ verfügbar werden.
Zwar sei eine Selbstverabreichung im Notfall nicht möglich. Allerdings würden Überdosierungen oftmals in Anwesenheit von Dritten – anderen Konsumierenden, Freunden oder Angehörigen – stattfinden. Wenn diese Naloxon mit sich führen und wissen, wie es angewendet wird, könne das Todesfälle verhindern.
Das Nebenwirkungsprofil von Naloxon-Nasenspray spreche dabei nicht gegen eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht. Eine abrupte Aufhebung der Opioid-Wirkung könne bei körperlich Abhängigen ein akutes Entzugssyndrom mit den entsprechenden Symptomen auslösen – falls keine eine Opioide vorhanden sind, habe Naloxon aber praktisch keine pharmakologische Wirkung.
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