Politik

Beauftragte beklagen fehlenden Schutz vor Diskriminierung

  • Dienstag, 10. September 2024
Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, spricht während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Fünften Gemeinsamen Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Bundestages./picture alliance, dpa, Soeren Stache
Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, spricht während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Fünften Gemeinsamen Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Bundestages. /picture alliance, dpa, Soeren Stache

Berlin – Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, rassistische Beleidigungen bei der Wohnungssuche, kein Job wegen einer Behinderung: Der Schutz vor Diskriminierung ist aus Sicht von acht zuständigen Beauftragten auf Bundesebene mehr als lückenhaft.

„Unser Land steckt in einer Diskriminierungskrise“, sagte die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman in Berlin bei der Vorstellung eines gemeinsamen Berichts zum Stand der Dinge. Es gebe noch kein Sicherheitspaket für Menschen, die Diskriminierung erlebten und Angst davor hätten. Zusammen fordern die Beauftragten die Ampelkoalition dazu auf, für mehr Schutz vor Diskriminierung und eine stärkere Demo­kratieförderung zu sorgen.

Von 2021 bis 2023 meldeten sich laut dem Lagebericht rund 20.600 Ratsuchende bei der Antidiskriminie­rungs­stelle des Bundes. Sie berichteten von Diskriminierungen wegen der ethnischen Herkunft, des Ge­schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder wegen der sexuellen Identität. Besonders häufig wandten sich den Angaben zufolge Betroffene an die Stelle, die rassistisch oder antisemitisch diskriminiert wurden.

Die Zahl der Beratungsanfragen steige kontinuierlich an, hieß es. Gleichzeitig sei von einer hohen Dunkel­ziffer auszugehen. In Umfragen berichteten etwa 16 bis 30 Prozent der Bevölkerung von Diskriminierungen.

Das geltende Recht helfe Menschen in vielen Fällen nicht, kritisiert der Lagebericht. „Die Diskriminierungser­fahrun­gen in Deutschland belasten Betroffene und gefährden unsere Demokratie und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“, erklärten die Beauftragten.

In mehr als der Hälfte der Fälle habe man den Ratsuchenden nicht helfen können, so Ataman, die die Anti­diskriminierungsstelle des Bundes leitet. Das liege daran, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz „schwach und lückenhaft“ sei. Es müsse dringend reformiert werden.

Die Beauftragten fordern unter anderem, dass das Gleichbehandlungsgesetz auch auf staatliches Handeln, etwa von Ämtern, Polizei oder Justiz, angewendet wird. Auch sollten Menschen rechtlich geschützt sein, wenn sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden, zum Beispiel in Form von israelbezogenem Antisemitismus. Zudem müsse Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen sichergestellt werden – auch im Digitalen.

Ataman warnte davor, dass erreichte Fortschritte in Sachen Gleichbehandlung und Akzeptanz von Vielfalt wieder infrage gestellt würden. Es lasse sich eine Verrohung gesellschaftlicher Debatten feststellen. „Rechts­extreme, aber auch islamistische Hetze vergiften das Klima“, so die Beauftragte.

Hassrede und Desinformation könnten ungehindert im Internet verbreitet werden. Die Ergebnisse der Land­tagswahlen in Sachsen und Thüringen markierten einen neuen Tiefpunkt: Zum ersten Mal seit 1945 hätten Rechtsextremisten eine Wahl in Deutschland gewonnen.

Die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, kritisierte, in der aktuellen De­batte werde Migration als Mutter aller Probleme dargestellt. Es gebe einen Überbietungswettbewerb, ras­sistische Vorurteile und Angst würden geschürt. Alabali-Radovan appellierte daran, verbal abzurüsten.

kna

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