Beherbergungsverbot fällt in mehreren Bundesländern

Berlin – Das umstrittene Beherbergungsverbot für Menschen aus Risikogebieten fällt in immer mehr Bundesländern. Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin und Bremen setzten diese umstrittene Regelung erst gar nicht um. In Baden-Württemberg und Niedersachsen kippten Gerichte die Regelung vorerst. Das Saarland setzte das Beherbergungsverbot ab heute aus.
Der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg setzte das Beherbergungsverbot für das Bundesland außer Vollzug. Es greife in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht auf Freizügigkeit ein und sei daher voraussichtlich verfassungswidrig, urteilten die Richter.
Das oberste Verwaltungsgericht in Niedersachsen urteilte, das Verbot sei nicht hinreichend bestimmt. Es erfasse Menschen „aus“ Risikogebieten, ohne festzulegen, ob diese dort einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssten oder ein kurzer Aufenthalt genüge.
In Bayern gibt es ab morgen kein Beherbergungsverbot mehr. Die in einer Verordnung formulierte Regelung laufe heute aus, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei in München. Grundsätzlich bleibe das Beherbergungsverbot allerdings in der Verordnung aufrecht erhalten, es werde aber quasi in „Standby“ versetzt. Auch in anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz wird die Regelung nicht umgesetzt.
Hessen plant die Abschaffung des Beherbergungsverbots, wie Staatskanzlei in einer Mitteilung ankündigte. Die geplante Abschaffung stehe auf der Tagesordnung für eine Sitzung des Corona-Kabinetts am kommenden Montag.
In vier Ländern hat das Beherbergungsverbot weiterhin Bestand. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg gilt die Regelung für Touristen aus Coronarisikogebieten, ausgenommen, sie können einen maximal zwei Tage alten Negativtest vorlegen. Gleiches gilt für Schleswig-Holstein.
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag gegen das Beherbergungsverbot in dem Bundesland abgelehnt. Eine Familie aus dem Kreis Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen), die auf Sylt Urlaub machen wollte, hatte den Antrag gestellt, wie das Gericht mitteilte.
Würde der Vollzug des Beherbergungsverbotes jetzt ausgesetzt, könnten Menschen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen, hieß es in der Begründung der Richter.
In Anbetracht der am Donnerstag veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen könne dies zu Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen, „zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar erfolge.“
In Hamburg müssen Touristen aus deutschen Risikogebieten schriftlich bestätigen, dass sie sich in den vergangenen 14 Tagen nicht in einem deutschen Risikogebiet aufgehalten haben. Ansonsten müssen sie einen Negativtest vorlegen.
Die schärfste Regelung hat Mecklenburg-Vorpommern. Neben einem aktuellen negativen Coronatest schreibt die Landesverordnung dort weiterhin eine 14-tägige Quarantäne unmittelbar nach der Einreise vor. Die Wartezeit kann verkürzt werden, wenn ein zweiter Test nach fünf bis sieben Tagen ebenfalls negativ ausfällt.
Die Länderregierungschefs hatten am Mittwochabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten. Es gab die Einigung auf eine ausgeweitete Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und eine Sperrstunde in der Gastronomie ab 23 Uhr in Gebieten mit hohen Fallzahlen – die für Berlin aber vom Verwaltungsgericht bereits gekippt wurde. Über das Beherbergungsverbot wurde keine Einigung erzielt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte heute vor Journalisten in Berlin, er rechne damit, dass das Beherbergungsverbot bald in allen Bundesländern nicht mehr gelten werde. „Ich habe den Eindruck, wir kommen zu einer Einheitlichkeit, die bedeutet, so gut wie kein Beherbergungsverbot mehr in Deutschland“, sagte er.
Zur Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, die seit knapp einer Woche geltende Sperrstunde in der Hauptstadt vorerst auszusetzen, sagte Spahn, das bedauere er sehr. Die Gerichtsentscheidung erinnere daran, dass man gut begründen müsse, was man tue und dass immer auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werde.
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