Bessere Versorgung von Demenzpatienten benötigt

Berlin – Die Versorgung von Demenzpatienten im Krankenhaus muss künftig besser werden. Das erklärte Boris Augurzky, gesundheitspolitischer Sprecher am RWI Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung, heute bei der Vorstellung des Krankenhausreports 2025 der Barmer.
„Bereits heute leben rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland, die von Demenz betroffen sind“, sagte Augurzky. Nach Hochrechnungen des Reports könnte diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf 2,5 Millionen Menschen steigen.
In Krankenhäusern sei jeder 14. Fall, also rund sieben Prozent aller Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, ein Demenzfall. Außerdem seien demenzerkrankte Patienten häufiger Notfallpatienten (52,5 Prozent) als andere Krankenhauspatienten, die über 65 Jahre alt sind (35,5 Prozent).
Der Hauptbehandlungsgrund bei Demenzpatienten, die stationär behandelt werden, sei die Herzinsuffizienz. Entsprechend hätten viele Krankenhausaufenthalte einen Überwachungscharakter. Außerdem sei der Anteil an Demenzerkrankten bei der Diagnose der Oberschenkelfraktur fast doppelt so hoch wie bei allen anderen Krankenhauspatienten, die über 65 Jahre alt sind.
Herausfordernd im Krankenhausalltag sei zudem, dass häufig ein Delir auftrete, also eine plötzliche Verwirrtheit oder auch Bewusstseinsveränderung. Dies komme bei rund drei Prozent aller Krankenhausfälle in Deutschland vor, bei Demenzpatienten steige das Risiko aber auf elf Prozent. Dabei handele es sich „um eine eigenständige potenziell lebensgefährliche Komplikation“, erklärte Augurzky.
Demenzkonzepte in Krankenhäusern benötigt
Entsprechend bräuchten Demenzpatienten im Krankenhaus eine etwas andere Fürsorge. Auf den Umgang mit Demenzpatienten fühle sich aber nur rund ein Drittel der Pflegekräfte ausreichend vorbereitet.
Es gebe zwar Krankenhäuser mit einem Demenzkonzept, die etwa mit ihrer baulichen Struktur oder einer festen Tagesstruktur besser auf die Belange der Demenzpatienten eingehen können, so Augurzky. Allerdings gebe es davon noch zu wenige und die bereits existierenden würden noch zu wenig Demenzpatienten behandeln.
Angesichts steigender Demenzpatienten in der Zukunft, brauche es mehr demenzsensible Strukturen in Krankenhäusern, sagte Augurzky. Er sprach sich für eine einheitliche und evidenzbasierte Definition mit Mindeststandards für Demenzkonzepte in der stationären Versorgung aus.
Wichtig sei zudem Krankenhausaufenthalte bei Demenzerkrankten überhaupt zu vermeiden, da danach oft ambulante oder sogar stationäre Pflege benötigt werde. So müsse die Prävention gestärkt werden, etwa per Telemedizin oder Sturzvermeidung und entsprechenden wohnfeldnahen Maßnahmen.
Auch bei Krankenhausreform Nachbesserung benötigt
Einheitliche Kriterien brauche es nicht nur bei der Versorgung von Demenzerkrankten, sondern auch für die Erreichbarkeit von Kliniken im Zuge der anstehenden Krankenhausreform, betonte Augurzky. Denn auch die Bezahlung der Kliniken werde bundesweit einheitlich geregelt.
Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, kritisierte heute zudem die geplanten Ausnahmeregelungen für die Länder im Zuge der Reform. Der Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) gehe weiter auf die Interessen der Länder ein. „Sie haben bestehende Krankenhausstrukturen aber nur gepflegt, ohne auf die Qualität in der Versorgung zu achten“, bemängelte er.
Die vorgesehenen Ausnahmegenehmigungen der Länder bei den Kriterien der Leistungsgruppen auch bei den geplanten Verbünden und Kooperationen werden es möglich machen, dass Kliniken beliebige Leistungsgruppen erbringen können, befürchtet Straub.
Dass die Länder entsprechende Entscheidungen dem Entwurf zufolge mit den Krankenkassen gemeinsam treffen müssen, wird Straub zufolge aber nicht ausreichen, um die Strukturen wirksam in die richtige Richtung zu steuern. Er betonte aber, dass die Barmer und Ersatzkassen bereits in der Vergangenheit jeweils hart auf das entsprechende Einvernehmen gepocht hatten. Das werden sie auch in Zukunft tun, erklärte Straub.
Auch bei den Fachkliniken sei es falsch, dass Länder nun frei festlegen könnten, wie sie Fachkliniken definieren wollten, so der Barmer-Chef. Stattdessen müsse bestenfalls der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Kriterien festlegen, die eine Fachklinik genau definierten.
„Es wird jetzt an den Ländern hängen, ob die Krankenhausreform ein Erfolg wird“, sagte Augurzky. Maßgeblich werde auch die Vorhaltefinanzierung eine Rolle spielen. Denn wenn die Länder sehr vielen Standorten eine Leistungsgruppe zuteilen würden, dann bekäme jeder Standort auch nur „einen kleinen Teil vom Kuchen“, so Augurzky. Die Vorhaltefinanzierung soll je Leistungsgruppe definiert und auf alle Kliniken ausbezahlt werden, die eine entsprechende Leistungsgruppe zugewiesen bekommen haben.
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