Bobbert: Klimawandel ist eine ureigene ärztliche Aufgabe

Berlin – „Der Klimawandel macht krank. Deshalb liegt es in der Verantwortung der Ärzteschaft, jetzt zu handeln.“ Das sagte der Präsident der Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, gestern auf dem Hauptstadtkongress in Berlin. Dies werde bereits bei einem Blick in die (Muster-)Berufsordnung deutlich.
„Im § 1 heißt es: ‚Es ist die Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte, an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.‘“, betonte Bobbert. „Damit ist der Klimawandel eine ureigene ärztliche Aufgabe.“
Spätestens seit dem Jahr 2019 sei einem Großteil der Ärzteschaft klar, dass sie sich im Klimaschutz engagieren müsse. Damals wurde auf dem Deutschen Ärztetag in Münster das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ als Schwerpunktthema für den kommenden Ärztetag ausgewählt – der wegen der Coronapandemie allerdings nicht stattfinden konnte.
Auch im Jahr 2021 konnte im Mai nur ein verkürzter Online-Ärztetag durchgeführt werden. „Wir haben gesagt: Wir können nicht noch ein Jahr warten, um uns mit dem Thema ‚Klimawandel und Gesundheit‘ zu befassen. Deshalb wird es Anfang November einen weiteren Ärztetag geben. Das zeigt schon die Bedeutung des Themas und das Engagement der Ärzteschaft“, so Bobbert.
Resiliente Strukturen nötig
„Die Frage, die wir uns auf dem Ärztetag stellen wollen, ist: Was können wir als Ärzteschaft tun?“, fuhr Bobbert fort. „Ein wesentlicher Punkt ist, dass wir unsere Aus-, Weiter- und Fortbildung anpassen müssen.“
Auf dem Ärztetag im Mai dieses Jahres wurde bereits beschlossen, dass Passagen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit in die Allgemeinen Inhalte der (Muster-)Weiterbildungsordnung aufgenommen werden, die für alle Facharztweiterbildungen gelten.
„Wir müssen auch medizinisch unser Wissen anpassen, zum Beispiel im Hinblick auf neue Krankheiten, die es durch den Klimawandel in Deutschland sagt“, betonte Bobbert. „Wir müssen die Strukturen im Gesundheitswesen so anpassen, dass zum Beispiel die Krankenhäuser besser auf Hitzewellen vorbereitet sind und ihre Patienten vor der Hitze schützen können. “
Es brauche resiliente Strukturen im Gesundheitswesen, sagte er. Die müsse man aufbauen. „Und es ist unsere Aufgabe, den Ausstoß von Treibhausgasen im Gesundheitswesen zu reduzieren, der derzeit bei etwa fünf Prozent des Gesamtausstoßes liegt. Das ist eine präventive Aufgabe, die ebenfalls in unserer Verantwortung liegt.“
Wegkommen von der Verzichtsdebatte
Auch der Vorsitzende der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug), Martin Herrmann, betonte, dass es einen „ethischen Imperativ“ gebe, den Ausstoß von Treibhausgasen im Gesundheitswesen zu senken. Es sei sehr wichtig, „dass wir Ärzte dieses Thema ernst nehmen und schnell handeln. Denn der Klimawandel ist ein Notfall.“
Er warb dafür, im Diskurs über den Klimawandel nicht den Verzicht in den Vordergrund zu stellen, sondern alles, was der Mensch durch mehr Klimaschutz gewinnen kann. „Die Luftverschmutzung würde zurückgehen, an der acht Millionen Menschen weltweit verfrüht versterben“, sagte er. „Und durch eine bessere Ernährung würde es uns auch gesundheitlich besser gehen.“
Wettbewerbsvorteil für Arbeitgeber
Die stellvertretende Vorsitzende von Klug, Sylvia Hartmann, betonte, dass der Klimaschutz eine interdisziplinäre Aufgabe sei. „Die Frage ist jetzt: Wie können wir von dem ganzen Wissen, das wir haben, zum Handeln kommen? Wer stößt die Veränderung an?“, sagte sie.
„Eine der Stärken von KLUG ist, dass wir über Generationen hinweg arbeiten. Wir profitieren von den Einstellungen der jungen Visionäre ebenso wie von der Erfahrung der erfahrenen Ärztinnen und Ärzte. Eine solche Zusammenarbeit über Generationen hinweg brauchen wir.“
Im klinischen Alltag betreffe das Thema zudem alle Berufsgruppen. „Die Pflegenden müssen während der Hitzewelle doppelt gucken, ob die Patienten genug getrunken haben. Beim Lagern von Medikamenten müssen wir darauf achten, dass es nicht wärmer ist als 25 Grad Celsius. Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam Pläne entwickeln, nicht nur einzelne Berufsgruppen.“
Für Krankenhäuser sei es zudem ein Wettbewerbsvorteil, wenn sie sich mit dem Klimaschutz beschäftigten. Denn für viele junge Ärztinnen und Ärzte sei dies bei der Wahl ihres Arbeitgebers ein Kriterium.
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