Politik

Brandenburg: Deutlich sinkende Krankenhausfälle bis 2030 erwartet

  • Mittwoch, 7. Mai 2025
/Wild Awake, stock.adobe.com
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Potsdam – Aufgrund des demografischen Wandels und der Ambulantisierung könnte es in Brandenburg in wenigen Jahren rund ein Viertel weniger stationäre Fälle geben. Das zeigen Prognosen einer Versorgungsbedarfsanalyse für Brandenburg, die das Gesundheitsministerium in Potsdam in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten wurde vom IGES Institut und der Forschungsgesellschaft Agenon erstellt. Dieses soll als Grundlage für die neue Krankenhausplanung ab 2027 dienen.

Steigen solle der Analyse zufolge hingegen der Anteil an älteren Menschen, die stationär versorgt werden müssen. Der demografische Wandel sorge dafür, dass bis 2030 im Durchschnitt knapp ein Drittel mehr 65-80-Jährige stationär behandelt werden müssten (31,1 Prozent). Diese geschätzten Zahlen schwanken von 27,5 Prozent in der Region Lausitz/Spreewald bis 33,1 Prozent in der Prignitz/Oberhavel.

Der stationäre Versorgungsbedarf aller anderen Altersgruppen werde den Analysen zufolge bis 2030 sinken, vor allem die jüngeren aber auch der Anteil der Über-80-Jährigen. Die zugrundeliegenden Daten sind Krankenhausabrechnungsdaten vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) aus dem Jahr 2022.

Weiter zeigen die Analysen ein deutliches Ambulantisierungspotenzial. Mehr als ein Viertel aller stationären Leistungen (27,8 Prozent) in Brandenburg könnte demnach auch ambulant erbracht werden, lautet die Schätzung. Voraussetzung hierfür wäre, dass es ausreichend und gut funktionierende ambulante Strukturen geben würde, erklärte die brandenburgische Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos).

Auf diese Zahlen hätten die Krankenhäuser bei der Vorstellung während der Regionalkonferenzen in den fünf Versorgungsgebieten unterschiedlich reagiert, erklärte Müller. Einigen Kliniken zufolge sei dieser Wert zu hoch gegriffen, sagte sie.

Betrachtet man die Entwicklung der künftigen stationären Bedarfe anhand der Altersgruppen und das Ambulantisierungspotenzial zusammen, ergibt sich, dass es bis 2030 durchschnittlich knapp ein Viertel weniger stationäre Fälle geben könnte (24,2 Prozent). Am deutlichsten könnte der Schwund in der Region Prignitz-Oberhavel (25,9 Prozent) und am wenigsten in Havelland-Fläming (19,2 Prozent) zu spüren sein.

Verschärft wird die Situation darüber hinaus, dass bereits heute sehr viele Krankenhausbetten in Brandenburg leer stehen. Die Bettenauslastung der Planbetten von somatischen Kliniken ohne psychiatrische Abteilungen lag 2023 durchschnittlich bei 62,4 Prozent. Vor allem in der Lausitz-Spreewald sowie in Oderland/Spree ist diese Quote sehr gering (58 Prozent). In Prignitz-Oberhavel liegt die Bettenauslastung immerhin noch bei 67 Prozent. Dies zeigt das Gutachten ebenfalls.

Und: Viele Hausärztinnen und -ärzte in Brandenburg werden in den kommenden Jahren in Rente gehen und treten damit auch aus der ambulanten Versorgung aus. So waren 2022 durchschnittlich rund 36 Prozent der Allgemeinmediziner in Brandenburg über 60 Jahre alt. Am geringsten war der Anteil in Havelland-Fläming (28 Prozent), am höchsten in der Region Lausitz/Spreewald (43 Prozent). Die Zahlen stammen von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg.

Bei den Fachärzten gab es 2022 teils große Schwankungen zwischen den Fachgebieten und den Regionen. Beispielsweise 70 Prozent der Urologen und 64 Prozent der Ärzte in der Fachrichtung Haut- und Geschlechtskrankheiten in Oderland-Spree waren über 60 Jahre alt. In der Region Prignitz-Oberhavel waren es mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Urologen.

In der Psychotherapie in der Uckermarck-Barnim waren hingegen nur 17 Prozent über 60 Jahre alt. Auch in der Kinder- und Jugendmedizin gab es dort mehr jüngere Ärztinnen und Ärzte, hier lag der Anteil der Über-60-Jährigen ebenfalls bei 17 Prozent.

Die Analyse untersuchte darüber hinaus auch Patientenströme. Der Anteil der Bevölkerung, der sich im heimischen Versorgungsgebiet stationär behandeln lässt, ist etwa von Region zu Region sehr unterschiedlich. 93 Prozent der Bevölkerung in Frankfurt (Oder) ließ sich 2022 auch im Versorgungsgebiet Oderland-Spree behandeln. Auch die Menschen in Brandenburg an der Havel (90 Prozent) oder Prignitz (85 Prozent) wurden wohnortnah versorgt.

Nur die Hälfte der Bevölkerung wird vor Ort behandelt

In anderen Regionen sind deutlich mehr Patientenwanderungen zu beobachten. In den ländlichen Gegenden in Barnim oder in Dahme-Spreewald wurde nur etwa die Hälfte der Bevölkerung im entsprechenden Versorgungsgebiet behandelt (52 Prozent).

Ob die andere Hälfte aber in anderen Versorgungsgebieten in Brandenburg oder in angrenzenden Bundesländern wie etwa Berlin, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern behandelt worden sind, zeigt die Analyse hingegen nicht.

Als Lösung für diese Probleme prüfe das Land gerade einige mögliche Instrumente, erklärte Michael Zaske, Leiter der Abteilung Gesundheit im brandenburgischen Gesundheitsministerium. Ein Gremium auf Landesebene prüfe derzeit, inwiefern künftig auch stationär angestellte Ärztinnen und Ärzte im niedergelassenen Bereich tätig werden könnten, erklärte Zaske. Ein entsprechender Vorschlag dazu soll bis Ende des Jahres erarbeitet werden.

Dies könne etwa durch die Anmeldung von Sonderbedarfen funktionieren. Allerdings müssten bestimmte Sonderinstrumente geschaffen werden, um entsprechende niedergelassene Sitze aus dem stationären Bereich zuzuordnen.

Zudem müssten Arzt-Patienten-Kontakte verringert werden, sagte Zaske. Und: Nicht-ärztliche Gesundheitsberufe sollten mehr Kompetenzen erhalten. Wichtig sei zudem mehr Ärztinnen und Ärzte auszubilden. In Brandenburg werden derzeit 600 Medizinerinnen und Mediziner an drei Standorten ausgebildet.

Parallel laufen in Brandenburg derzeit die Vorbereitungen zur Umsetzung der Krankenhausreform weiter. Ab Ende Mai sollen sich die 66 Kliniken in Brandenburg in einem Onlineprozess auf die geplanten Leistungsgruppen bewerben dürfen. Dieser Antragsprozess läuft bis Mitte Juli 2025. Danach folgt die Prüfung des Medizinischen Dienstes (MD), ob die Kliniken die angemeldeten Leistungsgruppen auch fachlich und technisch erbringen können. Bis Ende 2026 sollen die Leistungsgruppen den Kliniken zugewiesen sein. Der fünfte Krankenhausplan des Landes Brandenburg soll zum 1. Januar 2027 in Kraft treten.

cmk

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