Bund geht bei der Krankenhausreform kaum auf die Länder zu

Berlin – Der Bund geht bei der Krankenhausreform nur in wenigen Punkten auf die Forderungen der Länder ein. Das zeigt die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
In vielen weiteren Punkten verspricht die Bundesregierung Prüfung oder nimmt Forderungen zur Kenntnis. Weitere Vorschläge der Bundesländer werden in der Gegenäußerung abgelehnt. Das Papier hatte die Bundesregierung heute in ihrer Kabinettsitzung beschlossen.
So stimmt die Bundesregierung zu, Krankenhäuser, die Patienten mit besonderen Bedarfen betreuen, nicht rein über das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zu vergüten.
Die besonderen Bedarfe etwa von Menschen mit Behinderungen führten unabhängig von ihrer Verweildauer aus unterschiedlichen Gründen zu einem überdurchschnittlichen Versorgungsaufwand in medizinischer und pflegerischer Hinsicht, schrieb der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 5. Juli.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte vor zwei Wochen ein mögliches Selbstkostendeckungsprinzip für inklusive Kliniken sowie Kinderkliniken ins Spiel gebracht. Entsprechend geht die Bundesregierung nun auf die Länderforderung ein.
Kooperationen mit dem vertragsärztlichen Bereich sollen künftig auch bei strahlentherapeutischen Behandlungen möglich sein, stimmt die Bundesregierung weiter dem Vorschlag des Bundesrates zu.
Die Bundesregierung ist auch gewillt, weitere Übermittlungspflichten der Anzahl des pflegerischen und ärztlichen Personals auf Wunsch der Länder zu regeln. Die Landesplanungsbehörden sollen diese jährlich zu übermittelnden Daten der Krankenhäuser erhalten. Die Bundesregierung begrüßt, dass die Länder diese Daten für die Krankenhausplanung nutzen möchten.
Zustimmung erhalten die Bundesländer auch in ihrer Forderung für mehr Entbürokratisierung. Gleichzeitig erklärt die Regierung allerdings, dass mit der Krankenhausreform bereits „deutliche Bürokratieentlastungen zu erwarten“ ist. Neue Versprechen für entsprechende Entlastung zu sorgen, gibt die Erklärung nicht.
Absage zu weitergehender Finanzierung
Hart bleibt der Bund hingegen bei der Frage der Zustimmungspflicht der Bundesländer. Diese hatten gefordert, dass das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) zustimmungspflichtig gestaltet werden müsste. Damit müssten die Bundesländer dem Gesetz aktiv zustimmen.
Abgelehnt wird auch die Forderung des Bundesrates 20 Milliarden Euro aus Mitteln des Bundes für den geplanten Transformationsfonds zur Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft zu nehmen oder den Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds zu erhöhen.
Der Transformationsfonds soll laut KHVVG hälftig von Bund und Ländern getragen werden. Die Bundeshälfte soll aber aus Mitteln des Gesundheitsfonds, also vor allem von Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt werden.
Zu dieser Regelung gab es in der Vergangenheit bereits viel Kritik, vor allem vonseiten der Krankenkassen. Auch der Bundesrechnungshof hatte dies zuletzt bemängelt und betont, dass die Finanzierung der Umstrukturierung der Kliniken im Zuge der Krankenhausreform vor allem Aufgabe der Länder sei. Diese sind für die Investitionskosten der Kliniken zuständig.
Weiter lehnt die Bundesregierung eine rückwirkende Erhöhung der Landesbasisfallwerte um vier Prozent für die Jahre 2022 und 2023 ab. Das hatten die Bundesländer und auch etwa die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mehrfach aufgrund gestiegener Sach- und Energiekosten in diesen Jahren gefordert.
Im KHVVG sind eine vollständige Refinanzierung der Tariflohnsteigerungen sowie eine Anpassung des Landesbasisfallwertes in Anwendung des vollen Orientierungswertes vorgesehen, darauf verweist auch die Regierung in ihrer Stellungnahme.
Keine Änderung bei geplanten Vorhaltezahlen
Auch hinsichtlich der Mindestvorhaltezahlen, die für die Erbringung der geplanten Leistungsgruppen wichtig sind, will der Bund hart gegenüber den Forderungen der Länder bleiben.
Diese hatten die Regelung bemängelt und vorgeschlagen, dass die Unterschreitung der Mindestvorhaltezahlen von bis zu zehn Prozent nicht zur Nichterfüllung und damit zum Entzug der Leistungsgruppe führt. Die Regierung argumentiert, dass die Mindestvorhaltezahl vor allem wichtig ist, um eine patientengefährdende Gelegenheitsversorgung zu vermeiden.
Die Länder hatten zudem vorgeschlagen, dass der Medizinische Dienst einmalig alle Krankenhausstandorte überprüfen solle und Folgeprüfungen nur noch im Rahmen von Stichproben erfolgen sollen.
Dies lehnt die Bundesregierung aber mit der Argumentation ab, dass die Erfüllung der Qualitätskriterien in den geplanten Leistungsgruppen regelmäßig geprüft werden sollen, um die Qualität der Versorgung sicherstellen zu können. Allerdings könnte eine Änderung des Verfahrens im Rahmen der Evaluation der Reform perspektivisch geprüft werden, räumt die Bundesregierung ein.
Neben diesen Absagen wird etwa die Ermächtigung von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen zur fachärztlichen Versorgung geprüft. Weiter prüft die Bundesregierung die von den Bundesländern oft geforderten erweiterten Ausnahmemöglichkeiten von den klar definierten Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen.
Die Länder hatten etwa Abweichungen der Kriterien insbesondere im Bereich der Grund- und Notfallversorgung (unter anderem Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Geriatrie, Geburtshilfe und Notfallmedizin) gefordert. Dem steht der Bund eher kritisch gegenüber. Lauterbach hatte in der Vergangenheit oft betont, dass es keine Abstriche bei der geforderten Qualität der Kliniken geben dürfe.
Noch keine Antwort auf geforderte Änderung bei Fachärztezahlen
Geprüft werden auch die geforderten Kriterien in den vorgesehenen Leistungsgruppen Spezielle Kinder- und Jugendchirurgie und Spezielle Kinder- und Jugendmedizin. Die Länder hatten vorgeschlagen weniger Fachärzte als in dem Gesetzentwurf geplant als Bedingung für die Leistungserbringung zu machen.
Für erstere Leistungsgruppe sind fünf Fachärzte vorgesehen, die Länder fordern drei. Bei letzterer Gruppe sind drei Fachärzte mit Zusatzqualifikation im Schwerpunkt vorgesehen, die Länder fordern nur einen mit der Begründung, dass die Vorgabe nicht erforderlich sei und die Personalvorgaben an die Versorgungsrealität angepasst werden müssten.
Die Regierung wird dem Papier zufolge weiter prüfen, ob Krankenhäuser, die künftig die Leistungsgruppe Stroke Unit erbringen wollen, auch die Gruppe Allgemeine Neurologie vorhalten müssen, oder ob sie dies auch über eine telemedizinische Kooperation mit einem anderen Klinikum erbringen dürfen.
Kritik an der Gegenäußerung der Bundesregierung kommt von der DKG. Diese sei kein Versuch, durch Kompromisse zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen, sondern eine Provokation gegenüber den Bundesländern, erklärte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.
„Nach zwei Monaten, die man angesichts der jetzt vorliegenden Antwort an den Bundesrat nur als Hinhaltetaktik werten kann, werden die Länder bei ihren zentralen Forderungen mit Prüfaufträgen abgespeist“, sagte Gaß.
Das könne nur der nächste Versuch sein, Zeit zu gewinnen, denn der Entschluss des Bundesrates liege dem Ministerium seit dem 5. Juli vor. „Die vom Bundesgesundheitsminister selbst angekündigte Kompromissbereitschaft, um den Vermittlungsausschuss zu vermeiden, hat sich in Luft aufgelöst“, bemängelte Gaß.
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