Bundesdatenschutzbeauftragte sieht in gelungenem Datenschutz Erfolgsfaktor für elektronische Patientenakte

Berlin – Die elektronische Patientenakte (ePA) steht „paradigmatisch“ als Beispiel dafür, wie wichtig der Politik der Datenschutz bei der Ausgestaltung der Datennutzbarkeit ist. Dies sagte gestern Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), im Rahmen eines Gesprächsforums.
Beim Neustart der ePA auf eine Opt-out-Lösung zu setzen, so Specht-Riemenschneider, sei eine politische Entscheidung gewesen, der man sich konstruktiv stelle. Aus rein datenschutzrechtlicher Sicht wäre allerdings eine Einwilligungslösung zu bevorzugen gewesen. Nun arbeite man gemeinsam daran, die ePA bestmöglich zu gestalten und ein möglichst hohes Datenschutzniveau zu gewährleisten.
Eine umfassende Digitalisierung im Gesundheitssystem könne nur mit technischem und rechtlichen Sachverstand erfolgreich sein und nur mit hohem Vertrauen von Ärzten und Patienten in die Sicherheit der Technik entstehe ein hohes Maß an Akzeptanz, betonte die BfDI. „Hoher Datenschutz ist ein Erfolgsfaktor.“
Hierzu gebe es durchaus noch offene Punkte. Dies betreffe unter anderem die Frage der Authentifizierungsmöglichkeiten in der ePA. Auch beim Aspekt der Feingranularität des Berechtigungsmanagements, insbesondere für Menschen ohne mobiles Endgerät, sieht Specht-Riemenschneider noch Klärungsbedarf. Selbiges gelte für die Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens.
Mit Blick auf die Akzeptanz und eine hierzu beitragende Informationspolitik kritisierte Specht-Riemenschneider, sie ärgere sich „massiv, dass sich der Gesetzgeber dafür nicht verantwortlich fühlt“. Dieser schiebe seine Verantwortung ab und nehme so billigend in Kauf, dass Patientinnen und Patienten nicht informiert seien. „Warum gibt es kein Kommunikationskonzept dazu, obwohl wir wissen, dass dies die einzige Möglichkeit ist, Menschen am Ende zu befähigen, eine informierte Entscheidung zu treffen?“
„Sehr viel Luft nach oben“ bei der Versicherteninformation sah auch Michaela Schröder, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Zwar seien die Krankenkassen dabei, entsprechende Anschreiben zu versenden – diese ließen aber für die meisten Menschen zu vieles unklar.
Dies sei auch darum besonders ärgerlich, da man gemeinsam mit zahlreichen Patientenorganisationen bereits während des Gesetzgebungsprozesses ständig angemahnt habe, dass nur mit verständlichen Informationen eine bewusste Entscheidung für oder gegen die ePA erfolgen könne, so Schröder.
Eva Winkler, Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (BÄK), pflichtete der Kritik bei: Eine „große Kampagne“ wäre hilfreich gewesen, um den individuellen Nutzen klarzumachen. Grundsätzlich sei der Neustart der ePA, auch mit noch unvollkommenen Funktionsumfang, aus ärztlicher Sicht aber zu begrüßen.
Chancen nutzen
Beim möglicherweise jahrelangen Warten auf eine technische und regulatorische Ideallösung hätte man auch die entstehenden Opportunitätskosten einpreisen müssen, so Winkler. Auf die Vorteile der Informationszusammenführung an einer Stelle, wie etwa die Vereinfachung von Prozessen, die Vermeidung von Doppeluntersuchungen und eine Verbesserung der Versorgung, habe man nicht länger verzichten können und wollen.
Zudem böten sich mit der ePA erweiterte Möglichkeiten der Datennutzung zur Forschung. Stand jetzt sitze man auf vielen ungenutzten Daten, betonte Winkler. Sie plädierte in diesem Zusammenhang dafür, so erzielte Forschungsergebnisse in einem gewissen Maße transparent zu machen – dies könne perspektivisch die Akzeptanz bezüglich einer Datenspende per ePA erhöhen.
Auf eine demnächst anlaufende Informationskampagne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) verwies Florian Hartge, Teil der Gematik-Geschäftsführung. Die Gematik selbst stelle zudem Fachinformationen und Webinare für Leistungserbringer bereit.
Die nun neu startende ePA werde man „von Tag eins an“ evaluieren und intensiv an der Weiterentwicklung arbeiten, sicherte Hartge zu. Eine ideale ePA sei nicht möglich gewesen: „Sonst wären wir 2036 gestartet.“ Die digitale Akte werde aber schon zu Beginn zu einer besseren Versorgung beitragen.
Bei der Weiterentwicklung und der Einbindung neuer Funktionen beziehe man Leistungserbringer und andere Akteure ein – Pläne und Roadmaps seien bereits vorhanden. Da man aber unter anderem beim elektronischen Rezept (E-Rezept) gesehen habe, dass sich aus dem Alltagsbetrieb spontane und prioritär abzuarbeitende Verbesserungsvorschläge ergeben können, bleibe ein Stück weit abzuwarten, wie die gesetzten Zeitpläne eingehalten werden können.
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