Bundesfamilienministerin Prien will Pflegegeld als Lohnersatz einführen

Berlin – Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will mit Pflegegeld als Lohnersatz eine neue Sozialleistung einführen. Das stößt auf Zustimmung und Kritik.
„Es wird mit unserer demografischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird“, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Deshalb müssen wir einen Einstieg in ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige schaffen.“
Deutschland habe ein „riesengroßes Interesse“ daran, dass eine solche Leistung komme, sagte Prien. Auf die Frage, wie ein solcher Einstieg aussehen könne, erklärte die Ministerin, es gebe mehrere Möglichkeiten. „Da sind viele Varianten denkbar“, sagte sie. Unter anderem nannte sie die Bezugsdauer, die Höhe oder eine soziale Staffelung des Pflegegelds.
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag „tiefgreifende strukturelle Reformen“ im Gesundheits- und Pflegebereich angekündigt. Einen konkreten Fahrplan gibt es dafür aber noch nicht. Prien sagte auch, dass sich für das Pflegegeld als Lohnersatz die wirtschaftliche Lage verbessern müsse.
„Aber auch wenn das klappt, wird man Schwerpunkte setzen müssen. Und oberste Priorität hat für mich mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche“, betonte die CDU-Politikerin.
Mehrere Sozialverbände haben die Pläne begrüßt. „Das Pflegegeld sollte analog zum Elterngeld ausgestaltet sein“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Joachim Rock, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Rock gab als „Orientierung“ einen Anteil von 65 Prozent des „letzten Nettoeinkommens, mindestens aber 300 und maximal 1.800 Euro“, an. Er forderte, dass Angehörige deutlich stärker unterstützt werden.
Auch die Chefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, forderte eine „Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten mindestens in Höhe des Elterngeldes“.
Zuspruch erhielt der Vorstoß Priens auch vom BIVA-Pflegeschutzbund, der Interessenvertretung bei Pflege und Betreuung. Wenn Angehörige ihre Erwerbstätigkeit wegen der Pflege einschränken oder ganz aufgeben, sei dies für die pflegenden Angehörigen ein erhebliches Armutsrisiko, warnte Markus Sutorius, Jurist beim Pflegeschutzbund. „Es braucht Anreize für pflegende Angehörige, diese wichtige Arbeit zu übernehmen“, forderte er in den Funke-Zeitungen.
„Ein Pflegelohn ist das richtige Instrument, um für pflegende An- und Zugehörige finanzielle Sicherheit zu schaffen, sie sozial zu stärken und ihr Armutsrisiko deutlich zu senken“, sagte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes. Der Pflegelohn müsse sich aber am tatsächlichen Aufwand der Pflege orientieren – nicht am vorherigen Gehalt. Eine Lohnersatzleistung wäre ungerecht, so Klemm.
Bedenken äußerte indes der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. Eine solche Leistung könnte neue Ungerechtigkeiten schaffen. „Gerade Bezieher relativ hoher Einkommen könnten eine Pflegeauszeit aus eigenen Mitteln finanzieren, werden aber mit dem Familienpflegegeld auch von Bürgern mit geringeren Einkommen finanziert“, sagte Wasem der Funke Mediengruppe.
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