Bundesregierung lehnt Hilfsangebot für Kinder aus Gaza ab

Berlin – Die Stadt Hannover ist mit dem Angebot, bis zu 20 kranke und verletzte Kinder aus dem Gazastreifen und aus Israel aufzunehmen, an der ablehnenden Haltung der Bundesregierung gescheitert.
In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums heißt es, auch nach den Fortschritten bei der Beendigung der Kampfhandlungen sei die Lage im Gaza-Streifen „sehr unübersichtlich und nicht berechenbar“. Das betreffe auch die Behörden auf israelischer und ägyptischer Seite, die für eine Ausreisegenehmigung zuständig wären.
Die Ausreise von Kindern zur Behandlung in Deutschland sei mit aufwendigen Verfahren verbunden – etwa zur Klärung der Identität der Betroffenen, der mitreisenden Familienangehörigen und deren sicherheitsrechtlicher Beurteilung, der Kosten sowie der Frage realistischer Rückkehroptionen. Aus Sicht der Bundesregierung sei es dem Schreiben zufolge vorteilhafter, die Behandlungen von Verletzten und Schwerkranken vor Ort zu unterstützen.
Abschließend heißt es in dem Schreiben: „Ich hoffe, damit deutlich gemacht zu haben, dass uns das Anliegen nach Hilfe für die betroffene Zivilbevölkerung, vor allem auch für die Kinder, in Gaza eint, wir aber einen aus unserer Sicht anderen Weg sehen, möglichst vielen Menschen Hilfe zukommen zu lassen.“
„Wir bedauern die Antwort des Bundesinnenministeriums sehr“, sagte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay. „Die Absage ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar“, betonte der Grünen-Politiker.
Regionspräsident Steffen Krach (SPD) sagte, mehr als 16.000 Menschen in Gaza seien auf eine Versorgung im Ausland angewiesen: „Diese Hilfe nicht wenigstens denen zu gewähren, die sie am dringendsten brauchen – nämlich den Kindern –, ist grausam.“
Auch Ärzte ohne Grenzen rief die Bundesregierung auf, es anderen Staaten gleichzutun und umgehend schwerverletzte und schwerkranke Patientinnen und Patienten aus dem Gazastreifen zur Behandlung in Deutschland aufzunehmen.
Mehrere Städte an Initiative beteiligt
Neben Hannover hatten sich auch Städte wie Bremen, Düsseldorf, Leipzig, Bonn, Frankfurt und Kiel der Initiative angeschlossen. Auch die evangelischen Kirchen in Niedersachsen unterstützen die Initiative.
Regionspräsident Krach betonte: „In der Stadt und Region Hannover sowie in weiteren deutschen Großstädten, die sich der Initiative angeschlossen haben, stehen leistungsfähige und exzellente medizinische Versorgungsmöglichkeiten für Kinder aus dem Gaza-Streifen und Israel zur Verfügung. Die Kommunen haben alles für die Aufnahme der Kinder vorbereitet.“
Onay sagte, ohne die Mitwirkung der Bundesregierung könne die Hilfsinitiative der Städte nicht gelingen. Die Absage nehme vielen verletzten und schwer traumatisierten Kindern die Möglichkeit, professionelle Hilfe zu erhalten: „Wir appellieren an das Bundesinnenministerium, die Entscheidung nochmals zu überprüfen und den Weg freizumachen für humanitäre Hilfe.“
Das Welternährungsprogramm (WFP) hat seit der Waffenruhe im Gazastreifen vor gut zehn Tagen mehr als 6.700 Tonnen Nahrungsmittel für die Bevölkerung geliefert. Das reiche einer halben Million Menschen für etwa zwei Wochen, sagte Abeer Etefa, WFP-Sprecherin für die Region in Genf.
Es sei aber bei Weitem nicht genug: Die UN-Organisation schätzt den Bedarf auf 2.000 Tonnen pro Tag. Das Material stehe bereit, aber es müssten weitere Grenzposten geöffnet werden. Logistisch sei es nicht möglich, über die beiden bislang geöffneten Grenzübergänge mehr Nahrungsmittel zu liefern.
Inzwischen seien 26 der vorgesehenen 145 Verteilzentren in dem abgesperrten Küstengebiet geöffnet. Sie lägen alle im südlichen und zentralen Gazastreifen. Wegen der verheerenden Zerstörung und der Schuttberge auf den Straßen sei es schwierig, schnell mehr Zentren zu öffnen. Für die Versorgung der Menschen im Norden sei es zwingend nötig, die nahegelegenen Grenzübergänge zu öffnen.
Das WFP habe seit der Waffenruhe keine Plünderungen von Lastwagen mehr erlebt, sagte Etefa, weder von verzweifelten Hungernden noch von bewaffneten Gruppen. Die Menschen seien jetzt vorsichtig optimistisch, dass genügend Nahrungsmittel geliefert würden und jeder versorgt werde.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: