Politik

Bundestag macht ersten Schritt für Enquetekommission zur Pandemieaufarbeitung

  • Mittwoch, 25. Juni 2025
/picture alliance, dts-Agentur
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Berlin – Der Bundestag hat den ersten Schritt getan, um eine Enquetekommission für eine Aufarbeitung der Pandemie einzusetzen. Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD brachten heute einen entsprechenden Antrag ins Parlament ein.

Nachdem die Vorgängerregierung von SPD, Grünen und FDP sich nicht auf die vielfach geforderte Aufarbeitungskommission einigen konnte, will die aktuelle Koalition dies nachholen.

In der Diskussion sprach der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt von einer „Jahrhundertkrise“, auf die Deutschland „offenkundig“ nicht ausreichend vorbereitet gewesen sei. „Das darf uns nicht noch einmal passieren“, sagte er. Es müsse eine gründliche und rasche parlamentarische Aufarbeitung durch den Bundestag geben. Die geplante Kommission nehme „Fehler aus der Vergangenheit in den Blick, um für die Zukunft zu lernen“.

Für viele Menschen sei die Pandemie „die größte Belastungsprobe ihres Lebens“ gewesen, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Dagmar Schmidt in der Debatte. „Wir schulden den Menschen eine ehrliche, sachliche, aber auch empathische Aufarbeitung.“ Dazu gehöre es auch, „über Fehler zu sprechen und über verloren gegangenes Vertrauen“.

Stefan Brandner (AfD) betonte, eine Enquetekommission reiche „nicht ansatzweise“, aber es werde immerhin thematisiert. Es braucht aus seiner Sicht eine „gründliche, schonungslose und auch strafrechtliche Behandlung der grundgesetz- und menschenfeindlichen Maßnahmen der Coronazeit“, erklärte er. „Mit einem ,Wir vergeben uns' ist es nicht getan“, sagte der AfD-Politiker. Es müsse handfeste juristische Konsequenzen für Fehlentscheidungen geben.

Nach der Debatte wurde der Antrag zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Die Kommission soll nach der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag grundsätzlich verpflichtet, eine Enquetekommission einzusetzen. Zunächst gibt aber der zuständige Ausschuss seine Empfehlungen ab, bevor es zur abschließenden Abstimmung über den Antrag kommt.

Die Kommission soll den Namen „Aufarbeitung der Coronapandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“ tragen und ein transparentes, faktenbasiertes Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits ausarbeiten. Ziel sei es, beim Auftreten einer vergleichbaren Pandemie so vorbereitet zu sein, dass schnell, wirksam und mit einer klaren Kommunikation gehandelt werden könne.

Der Kommission sollen demnach 14 Bundestagsabgeordnete sowie 14 Sachverständige angehören. Die Unionsfraktion darf fünf Mitglieder benennen, die Fraktionen von AfD und SPD je drei, die Grünen-Fraktion zwei und die Linke-Fraktion ein Mitglied.

Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden, bei angemessener Beteiligung der Länder und Kommunen. Der Abschlussbericht soll bis zum 30. Juni 2027 vorliegen, Zwischenberichte seien möglich.

Für die ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, ist die Kommission ein richtiger Schritt. „Besonders sinnvoll ist der Fokus auf Lehren, die für zukünftige, ähnliche Situationen gezogen werden können“, sagte die Medizinethikerin. Es gebe bereits viel wissenschaftliche Aufarbeitung, die in der Kommission zusammengetragen werden sollte.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der schon lange für eine kritische Auseinandersetzung mit den Pandemiefolgen wirbt, bewertet den neuen Schritt positiv. „In der Aufarbeitung der Pandemie liegt eine riesige Chance für unsere Demokratie“, sagte er den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. „Aufarbeitung schafft die Chance, Menschen zurückzugewinnen, die ihr Vertrauen in die Demokratie verloren haben.“

kna/afp/may

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