Politik

Corona-Expertenrat kritisiert dürftige Datenlage

  • Montag, 24. Januar 2022
/corlaffra, stock.adobe.com
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Berlin – Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung kritisiert eine zu dürftige Datenlage bei der Pande­miebeobachtung in Deutschland und mahnt „dringende Maßnahmen für eine verbesserte Datenerhe­bung und Digitalisierung“ an.

Auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie bestehe weiterhin kein Zugang zu einigen wichtigen, aktu­ellen Versorgungsdaten, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des Gremiums. Die Omikron-Welle verstärke und verdeutliche das Defizit.

Diese Informationen seien aber für ein effektives Pandemiemanagement und als Grundlage für politi­sche Entscheidungen essentiell, betont der Expertenrat. Unter anderem werde eine Echtzeitübersicht über alle verfügbaren Krankenhausbetten mit aktueller Belegung auch außerhalb der Intensivmedizin dringend benötigt. Gerade bei der Hospitalisierung zeige sich das „eklatante Defizit“ der Verfügbarkeit zeitnaher Daten, und zwar bundesweit wie auch regional aufgelöst.

Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler und Past-Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), appellierte gestern in der ARD-Talkshow Anne Will an die Bundesregierung tätig zu werden. Es brauche dringend eine bessere Datenerfassung und -nutzung, derzeit herrsche „Brieftauben­niveau“.

Neben einer Abbildung der Ressourcen des Krankenhaussystems über die Intensivmedizin hinaus, müssten auch patientenindividuelle Daten erfasst und einer zeitnahen Auswertung zugänglich gemacht werden, heißt es in der Stellungnahme. Eine Verknüpfung beider Bereiche sollte darüber hinaus im lau­fenden Jahr angestrebt werden.

Im Moment bediene sich Deutschland beispielsweise zur Einschätzung der Omikron-Variante vorrangig ausländischer Untersuchungen, etwa aus Großbritannien, Dänemark und den USA, die Daten mit hoher zeitlicher Auflösung zu Infektiosität und Krankheitsschwere zur Verfügung stellen.

Diese Daten seien zwar für die Bewertung der aktuellen Lage und potentieller Szenarien von hohem Wert, jedoch sei ihre Übertragbarkeit auf die Situation in Deutschland aufgrund verschiedener Faktoren (wie Impfquote, Altersstruktur, Gesundheitssystem, aktuell geltende Maßnahmen) limitiert, was die Mög­lichkeit von Fehleinschätzungen impliziere, so die Warnung.

Insbesondere müsse die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) mit höchster Priorität umge­setzt werden. Der Expertenrat empfiehlt dabei die „umgehende Umsetzung“ der Empfehlungen aus dem 2021 erstellten Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheits­wesen.

Darüber hinaus müsse die Digitalisierung im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) durch die im Rahmen des Paktes für den ÖGD beschlossenen Maßnahmen vorangebracht werden.

Unterstützung für die Forderungen des Expertenrates kam von der Deutschen Hochschulmedizin. „Wir brauchen jetzt dringend ein Maßnahmenpaket, das die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreibt. Sofort benötigen wir aktuelle Daten über die Belegung und zu Ressourcen um die Lage in den Krankenhäusern beurteilen zu können“, sagte Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD).

Um schnelle Erfolge bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens und insbesondere im Krankenhausbereich zu erreichen, werde die seit Jahren unzureichende Investitionsfinanzierung durch die Länder nicht ausreichen. Der Bund müsse sich hier dauerhaft einbringen, um wichtige Investitionen zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

dpa/aha

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