Politik

Coronaimpfung von Kindern ab zwölf Jahren vor neuem Schuljahr angepeilt

  • Donnerstag, 29. April 2021
/yanadjan, stock.adobe.com
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Berlin – Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren können möglicherweise bereits vor dem neuen Schul­jahr gegen Corona geimpft werden. Der deutsche Impfstoffhersteller Biontech und sein US-Partner Pfizer wollen in Kürze die Zulassung ihres Vakzins für Kinder von zwölf bis 15 Jahren in der EU beantragen, sagte eine Biontech-Sprecherin heute. Zuvor hatte der Spiegel berichtet.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht davon aus, dass im Falle einer Zulassung Kinder dieser Al­tersgruppe eine erste Immunisierung spätestens in den Sommerferien bekommen könnten. „Stand heute, wenn nichts Ungewöhnliches passiert“, sagte der CDU-Politiker in Berlin. Damit könne das neue Schuljahr sowie später das neue Unisemester unter ganz anderen Bedingungen als bisher starten, erklärte Spahn. Ob dafür allerdings die bisher geltenden Impfpriorisierungen noch vor Juni geöffnet werden, bleibt unklar: Zunächst sollen die vorgesehenen Berufsgruppen geimpft werden. „In den vergangenen 14 Monaten waren alle in ihrem Alltag eingeschränkt. Ich verstehe das in Bezug auf Hochschulen oder auch Schulen. Aber ab Sommer werden wir alle impfen können", erläuterte Spahn auf einer Pressekonferenz.

„Wir haben die Studiendaten für die zwölf- bis 15-Jährigen in den USA für die bedingte Zulassung einge­reicht, in Europa sind wir in den letzten Zügen vor der Einreichung“, zitierte der Spiegel Biontech-Chef Ugur Sahin. Die Prüfung eines Zulassungsantrags für Coronaimpfstoffe bei der Europäischen Arznei­mittel­agentur (EMA) dauert in der Regel wenige Wochen. Bislang ist in Deutschland kein Impfstoff für Kinder unter 16 Jahren zugelassen.

Die Impfungen für die Jüngsten in der Bevölkerung erscheinen inzwischen auch dringender als am An­fang der Pandemie – damals galten zumindest Kinder eher nicht als Treiber. Doch ihre Rolle hat sich nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts in Deutschland unter anderem durch die Dominanz der ansteckenderen Virusvariante B.1.1.7 geändert.

Bei Kindern nähmen die Infektionzahlen deutlich zu, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler heute. „Kinder tragen auf jeden Fall zum Infektionsgeschehen bei.“ Langzeitfolgen, die es auch bei Kindern gebe, dürfe man nun bei der Risikobewertung nicht aus dem Blick verlieren.

Die wöchentliche Inzidenz liegt aktuell zwischen 141 Fällen bei den Allerjüngsten bis vier Jahre und 260 bei den 15- bis 19-Jährigen, jeweils gerechnet auf 100.000 Einwohner. Bei den älteren Teenagern sind das die höchsten Inzidenzwerte überhaupt in einer Altersgruppe. Bei Zehn- bis 14-Jährigen liegen sie aktu­ell laut RKI bei 234 pro 100 000 Einwohner.

COVID-19-bedingte Ausbrüche beträfen aktuell insbesondere private Haushalte und das berufliche Um­feld, aber auch Kitas und Schulen, heißt es im RKI-Lagebericht. RKI-Chef Wieler macht keinen Hehl da­raus, dass er die bundesweite Notbremseninzidenz von 165 für Schulschließungen aus Sicht des Ge­sund­heitsschutzes für deutlich zu hoch hält.

Das Vakzin von Biontech/Pfizer ist in der EU und in den USA bisher erst für Menschen ab 16 Jahren be­dingt zugelassen. Sollte der Antrag in den nächsten Tagen bei der EMA eingereicht werden und die Prü­fung etwa vier bis sechs Wochen dauern, könnte die EMA-Zulassung im günstigen Fall Anfang bis Mitte Juni erfolgen.

Danach könnten dann die Impfungen der zwölf- bis 15-Jährigen beginnen. Mit Blick auf das kommende Schuljahr und die angestrebte Erweiterung der geimpften Bevölkerungsgruppen mit dem Ziel einer Herdenimmunität wäre dies ein wichtiger Schritt.

Biontech und Pfizer hatten kürzlich mitgeteilt, dass eine klinische Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren in den USA eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt habe. Die Impfung sei gut vertragen worden.

Die Nebenwirkungen hätten jenen in der Altersgruppe von 16 bis 25 Jahren entsprochen, erklärten die Unternehmen. Die Gesundheit der knapp 2300 Teilnehmer der Studie in den USA würden aus Sicher­heits­gründen noch bis zu zwei Jahre nach dem Erhalt der ersten Impfdosis beobachtet, hieß es weiter.

Parallel dazu läuft die klinische Studie von Biontech und Pfizer zur Wirkung und Sicherheit ihres Impf­stoffs bei Kindern zwischen sechs Monaten bis einschließlich elf Jahren weiter. Biontech gehe davon aus, dass belastbare Daten daraus bis September verfügbar sein werden, sagte die Unternehmenssprecherin.

Bis die ersten Kinder dieser Altersgruppe mit dem Vakzin geimpft werden können, wird es folglich noch dauern, da Biontech/Pfizer erst nach diesem Zwischenschritt einen Zulassungsantrag bei der EMA stellen werden. Dessen Prüfung wird dann voraussichtlich wieder wenige Woche dauern.

dpa/afp/bee

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