Deutschland steuert auf Überangebot an Coronaimpfstoff zu

Berlin – Mehr als ein halbes Jahr nach Start der Impfungen gegen SARS-CoV-2 steuert Deutschland auf ein Überangebot an Coronaimpfstoff zu. Die Verfügbarkeit werde die Nachfrage schon bald „deutlich“ übersteigen, stellten die Gesundheitsministern von Bund und Ländern gestern in einem Beschluss nach einer Videoschalte fest.
„Ein Rückgang der Nachfrage ist sowohl in den Impfzentren als auch in den Arztpraxen und bei den Betriebsärzten zu verzeichnen", heißt es in dem Beschlusstext. Für den Erfolg der Impfkampagne sei aber eine möglichst hohe Impfquote entscheidend. 46,7 Prozent der Menschen in Deutschland sind mittlerweile vollständig geimpft. 60 Prozent haben mindestens eine Dosis erhalten.
„Bund und Länder werden ihre Bemühungen noch einmal verstärken, um gezielt diejenigen Menschen mit einem Impfangebot zu erreichen, die sich bisher nicht für eine Impfung entschieden haben“, so die Gesundheitsministerkonferenz (GMK).
Wie bereits angekündigt soll die laufende Impfkampagne verstärkt werden. Mobile Teams würden etwa auf Marktplätze, nahe Kirchen, Supermärkten, Einkaufshäusern sowie Kultur-, Sport- und Freizeitaktivitäten zusätzliche niedrigschwellige Angebote machen. Die Logistik rund um die Impfstofflieferungen soll flexibler werden.
Nach ihrem Start im Dezember war die Impfkampagne über Monate davon geprägt gewesen, dass weit weniger Impfstoff zur Verfügung stand als benötigt. Deshalb wurden zunächst in Altenheimen geimpft und Hochbetagten, Menschen mit Vorerkrankungen und Angehörigen bestimmter Berufsgruppen Vorrang eingeräumt.
Nun bekräftigten Bund und Länder: „Die anstehenden Lieferungen bis Ende Juli ermöglichen es, jedem impfwilligen Erwachsenen zeitnah ein Impfangebot in Form einer ersten Impfung machen zu können.“
Bund und Länder planen zudem eine verstärkte Weitergabe an andere Länder. „Der Verwurf von Impfstoffen muss auf ein Minimum begrenzt werden“, heißt es in ihrem Beschluss. „Der Bund wird Impfstoffe, die in der nationalen Impfkampagne nicht zum Einsatz kommen und deren Lagerhaltung eine Weitergabe zulassen, Drittstaaten durch Impfstoffspenden zur Verfügung stellen.“
Das Bundesgesundheitsministerium werde zeitnah einen logistischen Prozess auf den Weg bringen, um in den Verteilzentren der Länder gelagerte Impfstoffe dort abzuholen. Geklärt werden solle, wie mit bereits ausgelieferten Impfstoffen umgegangen werden soll, der beispielsweise an Arztpraxen oder Impfzentren geliefert worden ist.
Dafür müssten auch pharmazeutisch-technologische sowie rechtliche Fragen geklärt werden, hieß es. Und: „Grundsätzlich sind Abgaben von Impfstoffen an Drittstaaten ausschließlich durch die Bundesregierung möglich", heißt es im Beschluss.
Nach Angaben des GMK-Vorsitzenden Klaus Holetschek (CSU) arbeitet eine Arbeitsgruppe der Fachministerkonferenz daran, wie ein neues Messmodell für die Coronapandemie auf eine „einfache, kommunikative Formel“ gebracht weden kann. Dabei geht es um die Diskussion, ob künftig die Inzidenz als einziger Indikatior für die Pandemie gelten solle.
„Inzidenz ist weiter ein wichtiger Vorwarnwert, wir wissen aber, dass wir sie ergänzen wollen um die Frage der Hospitalisierung“, sagte Holetschek. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) arbeite gerade an einer Modellierung, wie man Hospitalisierung vor dem Impfen und danach sehen könne und wie man dies ins Verhältnis zur Inzidenz setzen könne.
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