Politik

Digitalisierung: Ohne bessere Infrastruktur keine Fortschritte möglich

  • Dienstag, 8. April 2025
/dpa
/dpa

Berlin – Um die Digitalisierungsprojekte für eine verbesserte Versorgung und speziell in Krankenhäusern in den kommenden Jahren umsetzen zu können, braucht es eine bessere Infrastruktur. Es muss in vielen Gesundheitseinrichtungen in den kommenden Jahren daran gearbeitet werden, Server und andere Speicherorte zu vernetzen und gleichzeitig für mehr Sicherheit der Daten zu sorgen, zeigte gestern der Future Health Day der Telekom im Vorfeld der Digitalmesse DMEA in Berlin.

So werde derzeit beispielsweise am neuen Universitätsklinikum Cottbus – Carl Thiem intensiv an einer neuen Datenstruktur gearbeitet, so dass die Arbeit in den einzelnen Kliniken künftig „tastaturlos“ werde, kündigte der Digitalvorstand des Uniklinikums, Martin Preuker, an.

Eine gemeinsame technische Infrastruktur, in der neben den Kliniken auch Arztpraxen sowie andere Gesundheitsberufe aus der Region eingebunden werden, sei auch für die Datenverwaltung mit Blick auf Patientenakten wichtig, betonte Franz Öller, Geschäftsführer Gesundheit Burgenland aus Österreich.

Dort sei man mit der ELGA, der Elektronischen Gesundheitsakte in Österreich, „noch“ ein Stück weiter als in Deutschland. Sie wurde 2015 eingeführt, seit 2019 auch in niedergelassenen Praxen. Über die Nutzung der ELGA gibt es unterschiedliche Angaben.

Deutlich weniger verbreitet sei die digitale Patientenakte in der Schweiz, das elektronische Patientendossier, kurz EPD. Nach Angaben von Martin Fiedler, Direktor und Chefarzt am Inselspital – Universitätsspital Bern, nutzen nur rund 100.000 Menschen diese Akte. In der Schweiz gibt es 8,8 Millionen Einwohner.

Das Universitätsspital hatte kürzlich seinen Anbieter für das Krankenhausinformationssystem (KIS) gewechselt, der amerikanische Anbieter hat begleitend auch eine App für Patienten vorgesehen. Diese sei sehr gut angenommen worden, da Patienten ihre Daten in Echtzeit beobachten könnten, berichtete Fiedler in Berlin. In der Belegschaft sei allerdings die Freude über den Wechsel des KIS nicht auf große Begeisterung gestoßen.

Ganz gleich, welche digitalen Prozesse in einem Haus anstehen, man müsse das „Datensilo Uniklinik“ aufbrechen und digitale Prozesse über alle Kliniken gleich ausrollen, betonte Fiedler.

In Bern sind 43 Kliniken auf dem Campus angesiedelt, diese mussten ihre eigenen Lösungen für IT-Ausstattung mit dem neuen System aufgeben. „Der digitale Prozess muss künftig so aussehen, dass die Kliniken sich um die fachliche Arbeit in der Medizin kümmern können, und nicht mehr um die IT-Lösungen.“

Neben der technischen Infrastruktur müsse aber auch das jeweilige Team in seiner Gesamtheit in die Veränderungsprozess eingebunden werden. „Und das dauert länger, als eine neue IT-Infrastruktur an einem Standort aufzubauen“, betonte Öller aus dem Burgenland.

Für Deutschland stehen in diesen Monaten die weiteren Entscheidungen für die ePA an, betonte der Vorsitzende der Gematik-Geschäftsführung, Florian Fuhrmann. Er erwartet mehr Tempo bei der Digitalisierung, da es in der gesetzlichen Krankenversicherung einen immer deutlicher steigenden Kostendruck gebe.

So müsse es zügig die TI 2.0 geben. Ebenso forderte er die Industrieunternehmen auf, eine „schlankere Patientenjourney“ in ihren Produkten für Arztpraxen und Krankenhäuser zu entwickeln.

Um mehr Vertrauen bei den Ärztinnen und Ärzten, aber auch bei anderen Gesundheitsberufen zu gewinnen, will die Gematik eine Stabsstelle „Versorgung“ aufbauen, in der Versorgungsprozesse gut bekannt sind und die für die weitere Produktentwicklung hilfreich sein kann. Geleitet werden könnte die beispielsweise von einem Arzt oder einer Ärztin.

Zu den weiteren Produkten, die in den kommenden Monaten ausgerollt und damit besser bekannt werden sollen, gehört auch der TI-Messenger. Damit sollen Ärztinnen und Ärzte untereinander, aber später auch mit ihren Patienten sowie mit weiteren Gesundheitsberufen, sicher Daten austauschen und chatten können.

Wichtig sei dabei, dass solche Plattformen bekannt werden, betonte der Digital-Chef der Korian-Gruppe, Markus Scheitzach. Als Anbieter von Pflegeeinrichtungen habe man bereits eine Kommunikationsplattform zwischen Pflegekräften und Angehörigen aufgebaut, diese sei aber zu wenig bekannt. Offizielle Plattformen seien für die Bekanntheit wichtig, betonte er.

Vor zu vielen verschiedenen Messengerdiensten warnte Gottfried Ludewig, Managing Direktor bei der Telekom Healthcare Solutions. Er war zwischen 2018 und 2022 im Bundesgesundheitsministerium der erste Leiter einer Abteilung für Digitalisierung. „Dieser TI-Messenger kann viel bedeutender werden, als wir uns derzeit vorstellen können.“

Auch Simone Schwering, stellvertretende Vorsitzende bei der Barmer, betonte, dass zunächst alle Anwendungen, die es im Gesundheitswesen bisher gibt, genutzt werden sollten, bevor neue gestartet werden. Der ePA-Rollout sei bei den Krankenkassen erfolgreich gewesen.

Auch das Ausrollen einer digitalen Identität im Gesundheitswesen, GesundheitsID, hätte sich bei der Barmer sehr positiv entwickelt. Die Gesundheits-ID wird beispielsweise zur Nutzung der ePA benötigt. Waren es im Januar 2024 rund 36.000 Versicherte mit elektronischen Identitäten, seien es inzwischen 2,8 Millionen, berichtete sie in Berlin. Die Barmer hat rund neun Millionen Versicherte und war die erste Krankenkasse, deren GesundheitsID von der Gematik zugelassen wurde.

Auch bei den Krankenkassen ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI) immer wichtiger, das wurde auf dem Telekom Future Health Day deutlich. So berichtete Irmgard Stippler von der AOK Bayern, dass ihre Krankenkasse gerade damit beginne, Daten für ihre Versicherten zusammen zu fassen und so beispielsweise Impfempfehlungen abgeben will.

Die Vorstandsvorsitzende betonte auch, dass man generative KI künftig über Genehmigungen für Versicherte oder andere Bereiche in der Sachbearbeitung von Anträgen einsetzen wolle. „Wir sammeln sanfte Erfahrungen und wollen dann in Versorgungslösungen einsteigen.“ Dabei sei ihr aber die Datenqualität wichtig und die sei auch kassenintern nicht immer gegeben.

Auf mehr Datenverfügbarkeit und -qualität setze auch das Bundesgesundheitsministerium, erklärte Referatsleiter Digitalisierung Thomas Renner. Man arbeite auch in der kommenden Legislatur daran, mehr auf Interoperabilität zu setzen und an besseren Datenverfügbarkeiten zu arbeiten.

Er erkenne im Gesundheitswesen insgesamt einen deutlich gewachsenen „Datennutzungswillen“. „Da hat sich in der Vergangenheit viel getan. Vielleicht kommt bald statt einem Datenschutzbeauftragten ein Datennutzungsbeauftragter.“

bee

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung