Politik

Digitalradar: Krankenhäuser legen an Digitalisierungsgrad zu

  • Dienstag, 8. April 2025
/everythingpossible, stock.adobe.com
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Berlin – Die deutschen Krankenhäuser sind digitaler geworden. Das zeigen Ergebnisse der zweiten Erhebung des Digitalradar Krankenhaus. Von 2021 zu 2024 haben sich die Krankenhäuser demnach um 27 Prozent verbessert. Der digitale Reifegrad wurde damals mit 33,3 Punkten bemessen, heute liegt er bei 42,5 Punkten. Das ist ein Zuwachs von 9,2 Punkten.

Der Digitalradar-Score ist eine Folgeabschätzung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG), das seit 2020 rund 4,3 Milliarden Euro für Digitalisierungsprojekte in den Krankenhäusern bereitgestellt hat. Das Instrument soll über mehrere Perioden die digitale Reife der Kliniken messen.

An der Erhebung hätten mehr als 90 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland teilgenommen, erklärte der Gesundheitssystemforscher Volker Amelung, der auch Geschäftsführer des Instituts für angewandte Versorgungsforschung (INAV) ist. 2024 waren es 1.592 Kliniken, 2021 nahmen 1.624 Krankenhäuser teil.

Allerdings gibt es unterschiedliche Ergebnisse für die abgefragten Themengebiete, erläuterte Sylvia Thun, Direktorin der Core-Unit E-Health und Interoperabilität am Berlin Institute of Health der Berliner Charité.

Insbesondere die Patientenpartizipation und Telehealth seien noch Entwicklungsfelder. Die Krankenhäuser zeigten am wenigsten Verbesserung in diesen zwei Bereichen (rund fünf Punkte Zuwachs). Allerdings sei die Patientenpartizipation am schnellsten gewachsen seit 2021, erklärte Thun.

Im Bereich der Telehealth hätten insbesondere die telemedizinischen Netzwerke am geringsten Zuwachs bekommen. Auch die Größe der Klinik spiele hier eine Rolle. „Je größer ein Krankenhaus ist, desto besser ist der Bereich Telehealth“, erklärte Thun. Das könnte an unterschiedlichen Vergütungsvoraussetzungen liegen.

Am besten schnitten die Kliniken bei den Bereichen Informationsaustausch, klinische Prozesse und Strukturen und Prozesse ab. Hier haben die Kliniken um rund elf bis zwölf Punkte zugelegt.

Insbesondere Kliniken in öffentlicher Trägerschaft haben sich im Bereich Informationsaustausch am besten verbessert, zeigen die Ergebnisse weiter.

Die Bereiche Resilienz und Performance und organisatorische Steuerung und Datenmanagement haben einen mittleren Zuwachs erhalten.

Digitalradar als Grundlage für bessere Strategie

Zudem sei die Kommunikation in den Krankenhäusern besser geworden, erklärte Thun. Die Beteiligten in den Kliniken hätten sich nicht nur zusammengesetzt, um den Fragebogen für die Erhebung auszufüllen, sondern hätten sich auch mit den Inhalten beschäftigt.

Es brauche nicht nur eine Datenstrategie von oben, etwa vom Bundesgesundheitsministerium (BMG), sondern jedes Haus müsse für sich prüfen, welche Strategie am besten passe, erklärte Thun. Wichtig sei zudem eine Verbesserung der Interoperabilität, damit Daten von einem zum nächsten System fließen könnten, forderte Thun.

Über die erreichte Steigerung beim Digitalradar freute sich Thomas Süptitz, Leiter des Referats für Cybersicherheit und Interoperabilität im BMG. Es sei sinnvoll, dass Krankenhäuser diese strategische Leitlinie des Digitalradars nutzen würden, um zu wissen, wo sie sich hinzuentwickeln müssten. Der Digitalradar solle als Art Roadmap funktionieren, um den Kliniken zu zeigen, inwiefern sie sich weiter entwickeln könnten, betonte auch Armin Scheuer von Lemonmint.

Amelung erklärte, die Ergebnisse des Digitalradars seien zwar toll, die Ausgangslage sei aber auch nicht berauschend gewesen. „Wenn man das international vergleicht, muss man fairerweise sagen, dass es im deutschen Gesundheitssystem noch ganz viel Luft nach oben gibt“, erklärte er.

Um die Digitalisierung weiter voranzutreiben, brauche es deshalb eine andere Investitionskultur. Dies sei allerdings nicht die Aufgabe des Staates. Die Kliniken müssten hier nicht mehr so stark „von der Hand in den Mund leben“, sondern mehr investieren, forderte Amelung.

Verbesserung im internationalen Vergleich

Verglichen mit dem internationalen Modell „Electronic Medical Records Adoption Model“ (EMRAM), das ebenfalls den digitalen Reifegrad von Kliniken misst, habe Deutschland ebenfalls eine Verbesserung erzielt, erklärte Thun.

Das Modell sieht Stufen von Null bis Sieben vor. 2021 lagen die meisten deutschen Krankenhäuser in der niedrigsten Stufe 0 (knapp 69 Prozent). Dies konnte 2024 auf 56 Prozent reduziert und gleichzeitig ein deutlicher Zuwachs von Kliniken in Stufe 1 (von rund 27 auf 36 Prozent) verbessert werden.

Zudem gab es einen starken relativen Zuwachs der Kliniken auch in die Stufen drei und fünf, erklärte Thun. In den beiden höchsten Stufen sei allerdings kein deutsches Krankenhaus, da hierfür eine Fremdeinschätzung nötig wäre.

Die andere Einstufung (bis Stufe fünf) beruht auf Selbsteinschätzungen, ähnlich wie es auch für das Digitalradar genutzt worden ist. Insbesondere US-amerikanische Kliniken würden anteilsmäßig in den höchsten beiden Stufen landen, zeigen die EMRAM-Ergebnisse von 2018.

Allerdings müssten diese Vergleiche vorsichtig interpretiert werden, da die beiden Modelle nicht die gleiche Datengrundlage haben.

cmk

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