DKG-Präsident Gaß plädiert für regionale Spielräume bei Coronahilfen

Berlin – Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, hat mehr Spielraum für die Bundesländer bei der Auswahl der Krankenhäuser gefordert, die während der zweiten Pandemiewelle finanzielle Hilfen vom Staat erhalten.
„Die Länder brauchen einen vollen Entscheidungsspielraum, um der regionalen Versorgungsrealität gerecht werden zu können“, sagte Gaß heute auf dem virtuellen Deutschen Krankenhaustag. Die bisherigen Pläne der Bundesregierung ließen dafür zu wenig Raum.
Im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hatte am vergangenen Donnerstag ein Expertenbeirat getagt. Er empfahl, dass in erster Linie Krankenhäuser, die eine Notfallversorgung der Stufen 2 und 3 anbieten, Ausgleichszahlungen erhalten sollen, wenn sie in Regionen mit einem hohen Infektionsgeschehen liegen.
Ebenfalls am Donnerstag legten die Regierungsfraktionen Änderungsanträge vor, die diese Empfehlungen übernahmen. Die Anträge fließen in das dritte Bevölkerungsschutzgesetz ein, das übermorgen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll.
Länder brauchen mehr Freiheiten
„Wir plädieren dafür, dass es hier noch Veränderungen gibt und die Länder mehr Freiheiten bekommen“, sagte Gaß. „Die Länder werden damit auch verantwortlich umgehen.“ Ohnehin habe sich der Föderalismus in der Coronapandemie bewährt.
„Wir haben Abstand genommen von einer zentralen Steuerung mit rigiden Vorgaben“, betonte Gaß. „Wir haben uns darauf verlassen, dass die Länder die Versorgungsrealität gesteuert haben. Das hat sich bewährt und das sollten wir in Erinnerung behalten.“
Gaß zeigte sich zuversichtlich, dass die deutschen Krankenhäuser auch die zweite Pandemiewelle gut überstehen werden. „Wir haben aktuell 3.500 COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen und etwa 15.000 auf den Normalstationen“, sagte er. „Das fordert uns enorm.
Es sei auch klar, dass die Häuser voll ausgelastete Intensivkapazitäten mit 30 bis 40 Prozent COVID-19-Patienten nur bewältigen könnten, wenn das Regelsystem gleichzeitig ein Stück zurückgefahren und das Personal konzentriert wird.
„Ich warne aber davor zu sagen, dass wir das nicht managen können“, sagte Gaß. „Wir haben die Mitarbeiter geschult, wir werden gemischte Teams aus Intensivpflegenden und angelernten Pflegekräften auf den Intensivstationen zusammenstellen. Und ich versichere Ihnen, dass wir auch in der zweiten Welle in der Lage sein werden, die Patienten gut zu versorgen.“
Krankenhausgesellschaft fordert klare Vorgaben der Politik
Für das Jahr 2021 forderte der DKG-Präsident klare Vorgaben von der Politik. „Die Krankenhäuser brauchen Planungs- und Handlungssicherheit“, sagte er. „Denn die Pandemie wird uns auch 2021 beschäftigen. Wir werden in allen Krankenhäusern Fallzahlrückgänge haben und einen massiven Infektionsschutz betreiben müssen. Wir werden Personalausfälle infolge der Pandemie haben.“
Der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), Josef Düllings, forderte für die Zeit nach der Pandemie den Erhalt der gestuften Krankenhausversorgung und keinen einseitigen Fokus auf Maximalversorger in Deutschland.
„Durch ein gestuftes System können sich die Maximalversorger auf die Schwerkranken konzentrieren, ohne dass die Regelversorgung leidet“, sagte er. „Das gestufte Versorgungssystem rettet uns aktuell den Kopf und es verdient, erhalten zu werden.“
Zudem forderte Düllings eine ganzheitliche Reform des Finanzierungssystems mit einer Vergütung der Vorhaltekosten und einer ausreichenden Investitionsfinanzierung. „In Zukunft wird die Zahl der Krankenhäuser, die rote Zahlen schreiben, auf über 50 Prozent ansteigen“, meinte er. „Das hat aber nicht mit einem schlechten Management zu tun, sondern es ist ein Anzeichen einer Systemkrise.“
Kritik an Investitionskostenfinanzierung
Auch der Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte (VLK), Michael Weber, kritisierte die seit Jahrzehnte anhaltende ungenügende Investitionskostenfinanzierung durch die Bundesländer. Diese habe zu einer kalten Strukturbereinigung geführt, die losgelöst vom Bedarf ablaufe. „Insolvenzen sind aber kein geeignetes Instrument für eine Krankenhausplanung“, betonte Weber.
Er betonte zudem den Wert kleiner Krankenhäuser. „Sie garantieren den hausärztlichen Nachwuchs in einer Region. Denn wenn es kein Krankenhaus in einer Region gibt, wird man dorthin auch keine Hausärzte locken können“, sagte er. Vielfach nähmen sie auch Patienten zur Weiterversorgung auf, die Maximalversorger zu ihnen verlegten.
Die Vizepräsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), Sabine Berninger, lobte die Maßnahmen, die die Bundesregierung im Bereich der Pflege in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht hat. „Die Konzertierte Aktion Pflege hat Vieles angestoßen“, sagte sie.
„Dass die Pflegepersonalkosten aus den DRGs herausgenommen wurden, dass Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt wurden und dass eine generalistische Ausbildung begonnen wurde, sind alles Schritte in die richtige Richtung. Messbare Ergebnisse spüren wir in der Versorgung jedoch bislang nur zögerlich.“
Berninger forderte die Politik auf, gemeinsam mit den Pflegenden an einer Strategie zu arbeiten, die die Arbeitsbedingungen verbessert. Dazu gehörten die Ausbildung, eine Neuordnung der Aufgaben und eine Entlastung durch die Digitalisierung. Die Pflege müsse auch in Führungsgremien vertreten sein.
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