Einblicke in Mailkorrespondenz zwischen Spahn und Wieler aus der Coronazeit

Berlin – E-Mails zwischen dem früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem ehemaligen Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, erlauben weitere Einblicke in das Management der Coronapandemie.
Die Korrespondenz zeige, dass sich Spahn interessiert und reingehängt, „aber auch Ratschläge ignoriert, hohe Beamte herumkommandiert und kommunikative Schleichwege“ genutzt habe, heißt es in einem aktuellen Bericht des Stern.
Demnach schrieb Spahn im Austausch mit Wieler teils E-Mails über einen Account seines Bundestagsbüros („Mitarbeiter 07“), um sein Ministeramt auszuüben. Dies werten im Artikel zitierte Juristen als problematisch, während ein Sprecher Spahns das Vorgehen rechtfertigte.
Ähnliche Vorwürfe in Bezug auf Spahns Nutzung unterschiedlicher Accounts hatte es bereits in der Debatte um die Beschaffung von Schutzmasken in der Coronapandemie gegeben.
Der E-Mail-Verkehr zeigt dem Stern-Bericht zufolge „das Bild eines Ringens“ zwischen den beiden Männern, die damals häufig gemeinsam vor die Presse traten. Beispiele aus der Korrespondenz, die das Magazin anführt, drehen sich um Themen wie die Rolle von Kindern bei der Virusverbreitung und die Quarantänedauer für Reiserückkehrer. Einwände Wielers stießen bei Spahn hier auf taube Ohren.
Spahns Ton sei Wieler gegenüber teils rüde geworden, heißt es. Zu Berechnungen und Schlussfolgerungen des RKI aus dem Frühjahr 2020 habe der Politiker eine andere Ansicht vertreten und geschrieben: „Das habe ich ja gestern Abend schon mit dem Taschenrechner widerlegt.“
Mehrfach leitete Spahn der Stern-Recherche zufolge Ideen aus Medienberichten ans RKI weiter und bat um Einschätzung dazu. „Das würde ich gerne, dass wir das auch empfehlen – wie sehen Sie das?“, habe er Wieler geschrieben – zu einer Idee aus den USA, für erhöhten Schutz eine OP- und eine Stoffmaske übereinander zu tragen. Zu einer derartigen Empfehlung kam es in Deutschland nie.
Zu einer anderen Bitte Spahns ist von Wieler der Satz überliefert: „Darf ich eine sehr, sehr dringende Bitte äußern: verschonen Sie uns mit weiteren IT-Projekten“.
An die E-Mails gelangten Journalisten des Recherchekollektivs „Investigativstation“, nachdem sie Ende 2024 eine Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht hatten. Zuvor sei zunächst keine Reaktion auf einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf Einsicht in diese Korrespondenz erfolgt.
Das RKI habe bis in den Juni dieses Jahres hinein gebraucht, um die E-Mails zu übermitteln, erklärten die Journalisten. Diese stammen laut Stern aus der Zeit von 7. März 2020 bis 25. November 2021. Es sei noch in Klärung, ob die E-Mails vollständig sein. Aus der frühen Phase der Pandemie, von Januar und Februar 2020, seien keine E-Mails enthalten gewesen.
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