Politik

Einrichtungsbezogene Impfpflicht sorgt weiter für Ärger

  • Mittwoch, 16. Februar 2022
/picture alliance, Daniel Schäfer
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Berlin – Über die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht herrscht nach wie vor Uneinigkeit bei Bund und Ländern sowie auch zwischen den einzelnen Ländern. Das zeigt die Beschlussfassung der Bund-Länder-Runde, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Darin ist die einrichtungsbezogene Impf­pflicht zwar erwähnt, aber in den Protokollnotizen erklärten einige Länder ihr Unverständnis.

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) beklagte etwa eine fehlende Einigung von Bund und Ländern bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Die Bundesregierung müsse mit den Ländern eine praktikable Lösung finden, sagte er heute nach dem Treffen der Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

„Ich finde es sehr bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, hier gemeinsam ein Verständnis zu erzeugen.“ Es sei nicht Aufgabe der Gesundheitsämter, diese Sache auszubaden. In Sachsen sei ein Drittel der Be­schäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich noch nicht geimpft, etwa 100.000 Mitarbeiter. „Das Wesen dieser sektoralen Impfpflicht ist, dass diese Menschen nicht mehr in diesem Bereich arbeiten sollen“.

Laut Kretschmer wird Sachsen den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte den Rücken in dieser Sache stärken. Sie würden das Bundesgesetz vollziehen, aber „mit Maß und Mitte“: „Das bedeu­tet, dass die Versorgung die allergrößte Priorität hat.“

Man müsse so mit den Beschäftigten umgehen, dass sie sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. „Auch diese Frauen und Männer haben die letzten zwei Jahre in der Pandemiebekämpfung schwierigste Dinge erlebt.“ Auch für diese Personengruppe gelte Respekt.

„Ich möchte nicht, dass diese Frauen und Männer jetzt in großer Angst um ihren Arbeitsplatz und um ihre Zukunft leben müssen.“ Kretschmer äußerte sich nicht konkret dazu, wie die Gesundheitsämter die sekto­rale Impfpflicht umset­zen. Der Freistaat will dazu in den kommenden Tagen einen Erlass veröffentlichen.

Bayern betonte in der Protokollnotiz, man bekenne sich generell zu dem Gesetz, das Bundestag und Bun­desrat beschlossen hätten. Man „unterstreiche aber die Notwendigkeit praxistauglicher, bundeseinheit­li­cher Vollzugsregeln“. Es dürfe insbesondere kein Pflegechaos zum Vollzugsstart entstehen, weshalb noch zahlreiche offene Fra­gen zu klären seien.

„Der begonnene Dialog zwischen Bund und Ländern muss jetzt zügig zum Abschluss gebracht werden“, heißt es weiter. Die bislang vom Bund vorgelegte Handreichung sei „allenfalls ein erster Schritt“. Abso­lute Priorität für einen ausgewogenen Vollzug müsse die Versorgungssicherheit der behandlungs- und pflege­bedürftigen Menschen haben.

Auch Sachsen-Anhalt wies darauf hin, dass man bereits im Anschluss an den gestrigen Beschluss der Gesund­heitsministerkonferenz (GMK) offene Fragen bemängelt habe. Die vorliegende Handreichung des Bundesministeriums für Gesundheit, sei „sachdienlich, bleibt aber unverbindlich“.

„Es bleibt fraglich, ob sie unter Berücksichtigung der noch offenen arbeitsrechtlichen Fragestellungen (Ziff. 4 des GMK-Beschlusses) und der Sicherstellung der Versorgung in Regionen mit hohen Quoten nicht geimpfter Beschäftigter in den betroffenen Einrichtungen eine ausreichende Flankierung für einen ge­set­zestreuen Vollzug der Impfpflicht sein kann“, heißt es weiter.

Nach Überzeugung der Gesundheitsminister der Länder sind die Voraussetzungen zur Anwendung der Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen weitgehend erfüllt. Die GMK sehe in der kürzlich von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Handreichung zur Um­setzung der Regelung „eine sachdienliche Grundlage für den Vollzug“, hieß es heute in einem Beschluss des Gremiums.

„Nach intensiven Beratungen der Gesundheitsminister und -ministerinnen mit dem Bund haben wir jetzt gemeinsam die Voraussetzungen für die praktikable Umsetzung des Bundesgesetzes geschaffen“, sagte die GMK-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). „Wir sehen in den kontinuierlichen Bund-Länder-Abstimmungen auf der Arbeitsebene eine gute Basis für eine zügige und rechtssichere Umsetzung.“

Mit der Handreichung sollten die Gesundheitsämter bei der Ausübung ihres Ermessensspielraums im Sinne eines bundeseinheitlichen Vollzugs unterstützt werden, hieß es in dem Beschluss weiter. Nach Ansicht der Landesgesundheitsminister bleiben aber noch Fragen offen.

So fordert die GMK das Bundesgesundheitsministerium auf, gemeinsam mit dem Arbeitsministerium die offenen arbeitsrechtlichen Fragestellungen zeitnah zu klären. Der GMK zufolge hat sich das Bundesge­sundheitsministerium bereit erklärt, die Beratung kontinuierlich fortzusetzen, um weitere Ergänzungen und Aktualisierungen vorzunehmen und offene Vollzugsfragen abzustimmen.

Das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht sieht vor, dass die Mitarbeiter bis zum 15. März einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen. Tun sie das nicht, müssen die Arbeitgeber dies dem Gesundheitsamt melden, das dann über ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot entscheidet. Dabei haben die Behörden einen Ermessensspielraum.

may/dpa/afp

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