Politik

Einzelne Länder bereiten Corona­lockerungspläne vor

  • Donnerstag, 4. Februar 2021
/Marc Bode, stock.adobe.com
/Marc Bode, stock.adobe.com

Berlin – Einzelne Landesregierungen haben bereits Stufenpläne und Öffnungskonzepte entwickelt, die sie in das Bund-Länder-Treffen am kommenden Mittwoch einbringen wollen. Dies ergab eine Abfrage des Deutschen Ärzteblattes. Hintergrund ist, dass die bisherigen Coronabeschlüsse zunächst nur bis zum 14. Februar 2021 gelten. Bund und Länder wollen rechtzeitig vor dem Auslaufen der Eindämmungsmaß­nahmen zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Bis zur nächsten Konferenzrunde der Landeschefs am 10. Februar sollte zudem „eine Arbeitsgruppe auf Ebene des Chefs des Bundeskanzleramtes und der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien“ ein „Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ erarbeiten. So sah es der letzte Bund-Län­der-Beschluss vor. Das es hierbei zum Teil deutliche Unterschiede bei Schwerpunktsetzung und Bearbei­tungsstand gibt, zeigen die Rückmeldungen der Länder.

In Schleswig-Holstein wurde bereits ein eigener „Perspektivplan“ entwickelt. Die vier Stufen des Kon­zepts orientieren sich am Inzidenzwert und beziehen als dynamische Faktoren die Auslastung der Inten­sivkapa­zitäten, die Reproduktionszahl, das Auftreten von Mutationen, die Situation des Öffentlichen Ge­sundheits­dienstes (ÖGD) und auch die Impfquote ein. Dabei erlaubt jede Stufe zusätzliche Lockerungen, wenn die Inzidenz stabil über 21 Tage hinweg den jeweiligen Grenzwert unterschreitet.

Bei einer Inzidenz von über 100 sieht der Plan keine Lockerungen vor. Ab einer stabilen Inzidenz von unter 100 (Stufe vier) über eine Woche könnten demnach beispielsweise Kitas und Schulen wieder den einge­schränkten Betrieb hochfahren. Eine vollständige Öffnung wäre ab einer stabilen Inzidenz von un­ter 35 über länger als 21 Tage vorgesehen.

Damit wolle man in Schleswig-Holstein „keinen Sonderweg gehen“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Der Perspektivplan könne jedoch „die Blaupause für eine bundesweite Verständigung“ werden, fügte der Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) hinzu.

In Niedersachsen gibt es einen ähnlichen Stufenplan. Dieser sieht ähnliche Wochen-Inzidenz-Grenzwerte für erste Lockerungen vor. Dem Vorschlag zufolge würde es jedoch keine zusätzlichen Lockerungen ge­ben, welche abhängig von der Dauer anhaltend niedriger Fallzahlen sind. Eine komplette Öffnung ist in diesem Konzept bei weniger als zehn Fällen pro 100.000 Einwohner und pro Woche vorgesehen. Beson­ders ist hierbei, dass laut Landesregierung bereits ab einer Inzidenz von 25 wieder „schneller und schärfer reagiert werden soll“.

Auch in Sachsen ist eine sogenannte „Ausstiegsstrategie“ in Arbeit, bestätigte das dortige Sozialministe­rium. Neben der Entwicklung des Inzidenzwertes würden dabei auch die intensivmedizinischen Kapaz­itäten der Krankenhäuser sowie die Lage in den Gesundheitsämtern berücksichtigt. Man wolle sich aber an den kommenden Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz orientieren.

Die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin und Hessen verwiesen auf bestehende Konzepte und Ampelsysteme. Diese würden, falls notwendig, angepasst. „Das werden wir uns – insbesondere auch vor dem Hintergrund möglicher besonders ansteckender Mutationen – sehr genau anschauen und sorg­fältig abwägen, an welchen Stellen Änderungen zur aktuellen Verordnungslage möglich und nötig sind“, schrieb das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.

Die weiteren Bundesländer antworteten, derzeit keine konkreten Öffnungspläne zu entwickeln – zum Redaktionsschluss stand die Antwort Mecklenburg-Vorpommerns allerdings noch aus. Ein Sprecher des Brandenburgischen Ministeriums führte jedoch an, in den Lagebesprechungen des „interministeriellen Koordinierungsstabs Corona“ würden täglich die neuesten Zahlen bewertet. Daraus würden jeweils Schlüsse gezogen, ob „Maßnahmen zur Eindämmung weiter notwendig und verhältnismäßig sind“.

Aus Baden-Württemberg und Bremen hieß es, man wolle der Konferenz nicht vorgreifen. Dem Saarlän­dischen Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zufolge orientiere man sich ebenfalls „an der aktuellen Infektionslage“. Doch „Langzeitkonzepte über die vorhandenen Schutz-, Impf- und Hygiene­kon­zepte sowie Testkonzepte hinaus“ gebe es nicht.

Virusmutationen beachten

Hamburgs erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) betonte, zunächst müsse man einen Überblick über das Auftreten neuer Virusmutationen und eine fundierte Einschätzung zu ihren Auswirkungen auf die Infektionsdynamik haben. „Erst auf dieser Grundlage kann ein Öffnungskonzept beschlossen werden.“

Der bayerische Coronakoordinator und Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betonte, Langzeit-Öffnungskonzepte seien „zu kompliziert für den Alltag“. „Sie gaukeln eine vermeintliche Planbarkeit vor, die angesichts der Dynamik der Pandemie nicht realistisch ist“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Für ihn berge zudem das Einbeziehen differenzierter Daten, wie es beispielsweise die Konzepte aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein vorsehen, Risiken, da dies für Verwirrung sorge könne. Die Inzidenz solle die zentrale Kennzahl in der Pandemiebekämpfung bleiben. „Sie zeigt die Dynamik bei den Neuinfek­tionen am besten, von ihr wird alles andere abgeleitet“, so Herrmann.

jff/aha

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung