Entbudgetierung von Fachärzten in unterversorgten Regionen könnte kommen

Berlin – In den Koalitionsgesprächen zwischen Union und SPD deutet sich offenbar eine Endbudgetierung für Fachärzte in unterversorgten Regionen an. Wie aus dem Arbeitspapier der Arbeitsgruppe (AG) Gesundheit und Pflege hervorgeht, veranschlagt die mögliche schwarz-rote Koalition dafür bis zu 2,5 Milliarden Euro ab 2026 pro Jahr. Das geht aus dem finalen Arbeitspapier der 16-köpfigen Gruppe hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Darin heißt es wörtlich: „Wir schaffen einen Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten: Wir entbudgetieren die Fachärzte in unterversorgten Gebieten.“ Zudem soll es dort vereinfacht werden, universitäre Lehrpraxen anzusiedeln. In unterversorgten Gebieten soll es dazu Honoraraufschläge geben, in überversorgten Gebieten Honorarabschläge.
Auch die Idee aus dem Wahlkampf, Termingarantien zu ermöglichen, findet sich im Arbeitspapier wieder: So soll ein „verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte in der HzV (Anm. d. Red.: Hausarztzentrierte Versorgung) und im Kollektivvertrag“ eingeführt werden. Ausnahmen gebe es für die Gynäkologie und die Augenheilkunde.
Für Menschen mit chronischen Erkrankungen soll es Jahresüberweisungen zu den benötigten Fachärzten geben. Eine Termingarantie bei einem Facharzt stellen die Primärarzte sowie die von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) betriebene 116117 sicher, dafür werden die KVen verpflichtet, diese Termine zu vermitteln, heißt es weiter. Gelingt das nicht, wollen SPD und Union den „Facharztzugang im Krankenhaus ambulant für diese Patientinnen und Patienten“ ermöglichen.
Eine Ersteinschätzung auf digitalem Weg soll es ebenso flächendeckend geben, Hybrid-DRG sollen ausgeweitet werden. Auch will die neue Koalition offenbar die von Investoren betriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) regulieren. Diese Ideen gab es bereits in den ersten Gesetzentwürfen zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz der vorherigen Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP.
Ebenfalls aus dieser Zeit stammt die Idee der Veränderung des Honorarsystems auf Jahrespauschalen zu verändern, um so Arztkontakte zu reduzieren. „Durch Flexibilisierung des Quartalsbezugs ermöglichen wir neuen Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang und die Vergütung von Praxis-Patienten-Kontakten“, heißt es in dem Papier. Ob damit nur eine Reform der hausärztlichen Vergütung oder auch der fachärztlichen Vergütung gemeint ist, wird nicht weiter ausgeführt.
Für alle Arztgruppen soll aber gelten: „Wir führen eine Bagatellgrenze von 300 Euro bei der Regressprüfung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte ein.“ Auch diesen Plan hatte die vorherige Ampel-Regierung bereits in Gesetzesentwürfen geplant.
Zügig will die neue Koalition auch die Not- und Rettungsdienstreform sowie die Sozialversicherungsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten im Bereitschaftsdienst der KVen angehen: In den ersten 100 Tagen sollen zu den drei Themen die jeweiligen Gesetze auf den Weg gebracht werden. Diese Regelungen lagen fast beschlussfertig in den Schubladen der Ampelkoalition.
Durch die Reformen im ambulanten Bereich rechnen die künftigen Koalitionäre mit einigen Einsparungen: Durch die Notfallversorgungsreform soll langfristig etwa eine Milliarde Euro pro Jahr gespart werden, durch eine Reform des Rettungsdienstes etwa 500 Millionen Euro.
Mehr als 500 Millionen Euro sollen auch durch eine stärkere Ambulantisierung der Versorgung eingespart werden. Auch durch die Auswirkungen des Präventionsgesetzes kann bis zu einer Milliarde Euro gespart werden. Zudem wird durch ein Primärarztmodell mit Einsparungen in Höhe von circa 500 Millionen Euro gerechnet.
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