Experten diskutieren um tatsächliche Verfügbarkeit gemeldeter Intensivbetten

Berlin – Stehen alle von den Kliniken gemeldeten Intensivbetten in Deutschland auch tatsächlich für die Versorgung bereit? Das hatte vorgestern ein Sprecher der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) angezweifelt. Die Krankenhäuser wiesen das heute zurück.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte, dass die im DIVI-Intensivregister gemeldeten Intensivbetten auch tatsächlich zur Versorgung schwerkranker COVID-19-Patienten zur Verfügung stünden. Derzeit seien dies etwa 28.500 Betten. Rund 21.500 davon seien belegt und gut 7.000 seien noch verfügbar.
Vorgestern hatte der Sprecher des DIVI-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der Welt am Sonntag gesagt, dass nicht alle gemeldeten Intensivbetten auch tatsächlich zur Verfügung ständen. „Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, so Karagiannidis. Denn bundesweit meldeten Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden könnten.
Aufgefallen sei ihm die Entwicklung in den vergangenen zwei bis drei Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, sagte der Intensivmediziner der Welt am Sonntag, der die Meldungen anschließend stichprobenartig in einzelnen Kliniken überprüft habe.
Einigen Geschäftsführern sei nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung trügen, meinte Karagiannidis. Er rief deshalb alle Kliniken dazu auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden.
Stufenweise Rückführung des Regelbetriebs
Die DKG schreibt heute: „Die Diskussion über die Zahl freier Intensivbetten führt zur Verunsicherung in der Öffentlichkeit. Dem müssen wir entschieden entgegentreten.“ Die Vollauslastung der gemeldeten Intensivbetten bedeute eine Gesamtbelegung von 29.000 Intensiv- und Beatmungsbetten in den deutschen Krankenhäusern, so DKG-Präsident Gerald Gaß.
„Das ist eine enorme Herausforderung gerade auch vor dem Hintergrund, dass wir dann damit rechnen müssen, dass in einem solchen Fall rund die Hälfte aller Betten mit COVID-19-Patienten belegt wäre.“
Das notwendige Personal, um diese Betten umfänglich betreiben zu können, müsse man auch aus den Normalstationen hinzuziehen. Dieser Umstand sei eine Selbstverständlichkeit, die allen Experten immer bewusst gewesen sei. „Niemand hat erwartet, dass die Kliniken für einen solchen Ausnahmezustand allein durch die regelhafte Personalbesetzung der Intensivstationen gerüstet sind“, so Gaß.
„Wir erleben in diesen Tagen, dass die Krankenhäuser und auch die Intensivkapazitäten zunehmend und kontinuierlich mit COVID-19-Patienten belegt werden“, so der DKG-Präsident weiter.
„Diesen Aufwuchs begleiten wir durch die stufenweise Rückführung des Regelbetriebs auf den normalen Stationen, insbesondere an den Standorten, die durch die Infektionspatienten besonders belastet sind.“
Deshalb bedeute auch die Zahl der 7.500 freien Intensivbetten im DIVI-Register nicht, dass dort das Personal stehe und darauf warte, dass Patienten eingeliefert würden. Man sei auch Patienten der Regelversorgung verpflichtet, die einen dringenden medizinischen Behandlungsbedarf hätten.
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