Politik

Finanzminister verteidigt sich im Gesundheitsausschuss gegen Klüngeleivorwürfe

  • Freitag, 20. Dezember 2024
Finanzminister Jörg Kukies./picture alliance, Flashpic, Jens Krick
Finanzminister Jörg Kukies./picture alliance, Flashpic, Jens Krick

Berlin – Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) hat das Vorgehen der Bundesregierung bei der Entstehung vertraulicher Erstattungspreise verteidigt. Die Union zeigt sich von Kukies‘ Auftritt wenig überzeugt, die SPD dafür umso mehr.

Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion war der Gesundheitsausschuss heute zu einer nicht öffentlichen Sondersitzung zusammengekommen, um Vorwürfe der Klüngelei zwischen der Bundesregierung und dem Pharmakonzern Eli Lilly zu untersuchen.

Medienrecherchen hatten im Oktober nahegelegt, dass es bei der Einführung der umstrittenen vertraulichen Erstattungspreise mit dem Medizinforschungsgesetz (MFG) zu einem unlauteren Deal zwischen Regierung und Wirtschaft gekommen sein könnte.

Mehrere Aktenvermerke deuten darauf hin, dass die Vertraulichkeitsregelung bei der Preisbildung eine Vorbe­dingung für eine Milliardeninvestition des Konzerns in ein neues Werk im rheinland-pfälzischen Alzey gewesen sein könnte.

Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen insbesondere Vermerke zu mehreren Treffen und Telefonaten zwischen Kanzleramt und Konzernvertretern. Kukies war zur betreffenden Zeit – 2023 und Anfang 2024 – Staatssekretär im Bundeskanzleramt und als solcher nach Ansicht der Union maßgeblich am Zustandekommen des mutmaß­lichen Tauschgeschäfts Regelung gegen Investition beteiligt.

Wie der Bundesgesundheitsausschuss auf Anfrage bestätigt, wurde Kukies deshalb formal von der amtierenden Ausschussvorsitzenden, Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), eingeladen und hatte sein Kommen zugesagt. Eine Vorladung zur Befragung ist einem regulären Ausschuss wie dem für Gesundheit nicht möglich.

In der Sitzung sei Kukies dann „intensiv von der Union befragt worden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung und der Investition von Eli Lilly gibt“, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Frak­tion, Heike Baehrens, heute. „Er hat sehr klar gemacht, dass es einen solchen Zusammenhang nicht gibt.“

Dabei sei er mit großer Transparenz vorgegangen und habe darlegen können, dass „schon der zeitliche Ablauf zeigt, dass das nicht der Fall war“. Die Vorwürfe hätten sich mithin nicht erhärten lassen.

Die Union zieht ein gänzliches entgegengesetztes Fazit. „Die Einlassung des Bundesfinanzministers konnten nicht für die nötige Aufklärung sorgen“, sagte ihr gesundheitspolitischer Sprecher Tino Sorge (CDU).

Kukies habe bereits erklärt, dass er, wie auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bei der Standortent­scheidung persönlich involviert war. „Warum in den Leitungsvermerken des BMG stets von einer Zusage gegenüber Eli Lilly, die Standortentscheidung mit den Erstattungspreisen zu koppeln, die Rede war – darüber konnte er keine erhellende Auskunft geben.“

Alle Dokumente würden darauf hindeuten, dass die Ansiedlung des neuen Werkes von Eli Lilly unter der expli­ziten Bedingung erfolgte, dass die Bundesregierung per Gesetz vertrauliche Medikamentenpreise einführt. Zu­dem habe es bei der Sitzung Hinweise auf eine Beteiligung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) in dieser Angelegenheit gegeben.

Das weist die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta entschieden zurück. „Versuche, an der Stelle in die Vorgänge um Eli Lilly das Bundeswirtschafts- und Klimaministerium hineinzuziehen, sind sehr durchsichtig. Alle Vermerke und E-Mails, die dazu vorliegen, betreffen Akteure, die nicht dem BMWK angehören“, betonte sie heute.

Piechotta war innerhalb der Regierungskoalition die lauteste Kritikerin vertraulicher Erstattungspreise. Sie setzte sich erst für die komplette Streichung des Vorhabens ein und war später wesentlich an den Änderungsanträgen zur Abschwächung der Regelung – unter anderem durch eine zeitliche Befristung und einen Zwangsrabatt – beteiligt.

„Die Vorgänge um Eli Lilly zeigen, dass für kurzfristige Investitionsentscheidungen in Deutschland in Höhe wenigen Milliarden man nicht in Kauf nehmen darf, dass über Jahrzehnte hohe Milliarden-Mehrkosten für alle deutschen Versicherten entstehen“, erklärte Piechotta heute. „Da sind Kosten und Nutzen einfach in keinem guten Verhältnis.“

In internen Gesprächen habe auch die Mehrzahl der einzelnen Herstellerunternehmen die Sicht geäußert, dass an dieser Stelle vertrauliche Erstattungspreise vielen Teilen der Branche keine Vorteile, dafür aber einzelnen Branchenvertretern enorme Zusatzvorteile bringen würden. Das lasse die Diskussion aufkommen, ob es sich bei der Regelung um Wettbewerbsverzerrung handelt.

Die Union hätte sich gern weiter mit der Causa befasst und wollte auch Bundeskanzler Scholz im Ausschuss befragen. Ihr entsprechender Antrag wurde jedoch abgelehnt.

lau

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