Politik

Gesetzlicher Mindestlohn soll auf 12,41 Euro steigen

  • Montag, 26. Juni 2023
/Hyejin Kang, stock.adobe.com
/Hyejin Kang, stock.adobe.com

Berlin – Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wird in den kommenden zwei Jahren um 82 Cent auf 12,82 Euro erhöht. Einen entsprechenden Vorschlag der zuständigen Mindestlohnkommission will Bundes­arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) per Verordnung umsetzen. Das kündigte der SPD-Politiker heute an.

Die Kommission hatte zuvor nach langen Verhandlungen vorgeschlagen, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 Euro anzuheben – was insgesamt ein Plus von 6,8 Pro­­zent bedeuten würde.

Die Empfehlung wurde allerdings erstmals in der Geschichte der Mindestlohnkommission nicht im Einver­nehmen getroffen. Die Arbeitnehmervertreter in der Kommission halten die Anhebung für zu niedrig, wurden überstimmt und erhoben schwere Vorwürfe gegen die Arbeitgeberseite.

Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte den Mindestlohn zuletzt zum 1. Oktober 2022 ausnahms­weise per Gesetz von 10,45 Euro auf zwölf Euro angehoben. Vor allem die SPD hatte sich im Bundestagswahl­kampf 2021 dafür eingesetzt. Der aktuelle Erhöhungsschritt kommt nun wieder wie üblich auf Vorschlag der Kommission zustande.

Normalerweise ist das ein Routinevorgang: Die Bundesregierung setzt die Vorschläge der Kommission übli­cherweise einfach per Verordnung in Kraft. Dieses Mal trat Arbeitsminister Heil extra vor die Kameras, um zu versichern, dass es dabei bleibt.

„Ich weiß, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Gewerk­schaften durchaus einen höhe­ren Mindestlohn gewünscht hätten“, sagte er. Er verwies aber auf das Mindestlohngesetz. Demnach könne die Bundesregierung nur den Vorschlag der Kommission umsetzen oder nicht. Die Alternative wäre keine Erhö­hung des Mindestlohns zum 1. Januar, „was angesichts der Inflationsentwicklung nicht verantwortbar ist.“

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Vertreter der Mindestlohnkommission hatten sich die Gewerk­schafts- und Arbeitgebervertreter zuvor Wortgefechte geliefert. „Für eine Anpassung lediglich im Centbereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen“, sagte Kommissionsmitglied Stefan Körzell, Vorstandsmit­glied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Aus DGB-Sicht müsste es mit Blick auf die Inflation eine Anhebung auf mindestens 13,50 Euro geben. Körzell warf den Arbeitgebern vor, in einer Situation mit den höchsten Teuerungsraten bei den finanziell Schwächsten sparen zu wollen.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kam­peter, ebenfalls Mitglied der Mindestlohnkommission, wies die Angriffe zurück. Der gesetzliche Auftrag der Mindestlohnkommission sei wohl abgewogen und kein „Reparaturbetrieb für gesellschaftspolitische oder inflationspolitische Entwicklungen“. Man sei mit dem Beschluss seiner tarifpolitischen, staatspolitischen und wirtschaftspolitischen Verantwortung gerecht geworden.

Im Beschluss der Kommission, der gegen die Stimmen des DGB gefasst wurde, hieß es, die Mehrheit der Kommission halte es im Rahmen einer Gesamtabwägung für vertretbar, den Mindestlohn in diesem Umfang zu erhöhen. Die Beschlussfassung falle in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen dar­stellten.

Die Positionen hätten sehr weit auseinander gelegen, sagte die Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Christiane Schönefeld. Die Verhandlungen dauerten ihren Angaben zufolge von gestern Nachmittag bis heute in den frühen Morgen.

Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es seit 2015 in Deutschland. Zum Start lag er bei 8,50 Euro die Stunde und ist seitdem mehrfach erhöht worden.

Nach dem Mindestlohngesetz muss eine aus jeweils drei Arbeitgeber- und Gewerkschafts­vertretern, zwei Wis­senschaftlern und einer oder einem Vorsitzenden besetzte Kommission alle zwei Jahre unter Berücksichtigung der Tarifentwicklung im Land einen Vorschlag für die künftige Höhe der Lohnuntergrenze machen.

Stimmberechtigt sind die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter. Kommt es zum Patt, kann der oder die Vorsitzende mit seiner Stimme eine Mehrheit herstellen. Das war dieses Mal der Fall.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes profitierten von der letzten Erhöhung im vergangenen Herbst rund 5,8 Millionen Beschäftigte, die vorher weniger als zwölf Euro die Stunde verdienten. Arbeitgebern, die gegen die Lohnuntergrenze verstoßen, drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung