Gesundheitsdatennutzungsgesetz: Lauterbach will „Turboschub“ für die Forschung

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in den kommenden Monaten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Deutschland als Forschungsstandort nicht weiter zurückfällt: Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sollen Zugang und Verknüpfung für die Forschung auf ein neues Niveau gehoben werden.
Man müsse sich die Frage stellen, warum ein Unternehmen wie Biontech Deutschland den Rücken kehrt, erklärte Lauterbach heute in Berlin mit Blick auf die Ankündigung der Mainzer mRNA-Spezialisten, ein Krebsforschungszentrum in Großbritannien statt in Deutschland aufzubauen.
Der Grund aus Lauterbachs Sicht: Deutschland ist bei Datenzugang und -nutzung international weit zurückgefallen. Das GDNG soll hier die Trendwende bringen, indem es beispielsweise die Verknüpfung von Krebsregister-, Genom- und Abrechnungsdaten ermöglicht.
Über Forschungspseudonyme werde es künftig möglich sein, diese Daten eines Patienten zusammenzufügen. „Dann sind wir weg von den Datensilos, die wir heute haben“, erklärte Lauterbach bei der Vorstellung der Eckpunkte für das geplante Gesetz.
Dazu soll eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufgebaut werden, die den Zugang zu Forschungsdaten aus verschiedenen Quellen ermöglicht. Die Daten sollen dabei dezentral gespeichert werden.
„Daten müssen in forschende Hände. Das dürfen wir nicht mehr verhindern“, forderte Michael Hallek, neuer Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit.
Beendet werden soll auch ein Problem, über das Forschende bei klinischen Studien seit Langem klagen: Die 16 verschiedenen Landesdatenschutzbehörden stellen im Detail oft verschiedene Anforderungen, was es Forschenden enorm erschwert, länderübergreifend zu arbeiten, wie Onkologe Hallek erklärte.
Um das zu ändern, werde die federführende Datenschutzaufsicht für bundesländerübergreifende Forschungsvorhaben künftig auf alle Gesundheitsdaten erweitert. Die datenschutzrechtliche Aufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen soll dann nur noch durch eine oder einen Landesdatenschutzbeauftragten erfolgen.
Der Datenschutz werde dabei nicht geschliffen, beteuerte Hallek. Überhaupt müsse an den Datenschutzregularien selbst nichts geändert werden, schließlich ergäbe sich das meiste aus der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – und die Probleme mit dem Datenschutz lägen nicht in Europa, sondern würden sich durch die hiesige Auslegung ergeben.
Weiterentwickelt werden soll unterdessen das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Auch die forschende Industrie soll dort künftig Anträge auf Datenzugang stellen können. Dabei solle der Nutzungszweck entscheidend sein, nicht der Absender.
Über das FDZ sollen dann auch pseudonymisierte Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) abrufbar sein. Die Datenfreigabe durch die Patienten soll parallel dazu das ebenfalls heute angekündigte Digitalgesetz regeln.
„Ich erhoffe mir einen großen Durchbruch und bin umgekehrt pessimistisch, falls wir es nicht schaffen, dass wir dann endgültig den Anschluss verlieren“, erklärte Hallek.
„Es wird nicht leicht, bestimmte Unternehmen und Forscher zurückzuholen“, räumte hingegen Lauterbach ein. „Aber wir können ja nicht einfach aufgeben.“ Stattdessen müsse man nun durch das Gesetz „mit einem Turboschub aufholen“.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: