Politik

GKV-Finanzen: Zwei Gutachten zum Risikostrukturausgleich vorgelegt

  • Donnerstag, 15. Mai 2025
/beermedia, stock.adobe.com
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Bonn – Der beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) angesiedelte Wissenschaftliche Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleiches (RSA) veröffentlichte heute zwei Gutachten. Beleuchtet werden darin unter anderem Empfehlungen zum Abbau von Risikoselektionsanreizen, Vorschläge zum Bürokratieabbau im RSA-Verfahren sowie mögliche Anpassungen bei Krankengeldzuweisungen.

Der Gesetzgeber hat im Jahr 2020 mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) eine Verpflichtung zur regelmäßigen Evaluation eingeführt, um auf dieser Grundlage die weitere Entwicklung des RSA beobachten und gegebenenfalls das Ausgleichsverfahren nachbessern zu können.

„Die regelmäßige Evaluation und damit eine beständige wissenschaftliche Begleitung der Weiterentwicklung des RSA sind für die Funktionsfähigkeit des solidarischen Krankenkassenwettbewerbs und die hohe Akzeptanz des Verfahrens innerhalb der GKV von zentraler Bedeutung“, sagte Frank Plate, Präsident des BAS.

Zu wünschen sei, dass die Erkenntnisse des Wissenschaftlichen Beirats im fachlichen und politischen Austausch berücksichtigt würden und der RSA als lernendes Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert werde.

Im ersten Gutachten werden vom Beirat mehrere Vereinfachungsvorschläge zwecks Bürokratieabbau unterbreitet. Eine zentrale Empfehlung: Die mit dem GKV-FKG eingeführte Vorsorgepauschale könne wieder gestrichen werden.

Der durch Datenerhebung, -übermittlung und -plausibilisierung entstehende Verwaltungsaufwand sei mit Blick auf die im Gutachten untersuchten und eher geringen Effekte dieses Finanzierungsinstrumentes zu hinterfragen. Maßnahmen zur Prävention sollten außerhalb des RSA gefördert werden.

Auch bezüglich des derzeit genutzten Verfahrens des Ausschlusses von Hierarchisierten Morbiditätsgruppen (HMG) im RSA spricht sich der Beirat nicht für eine weitere Verwendung aus.

Zur Erläuterung: Der HMG-Ausschluss sorgt aktuell dafür, dass Zuschläge für Morbiditätsgruppen, die eine überdurchschnittliche Steigerung der Fallzahlen aufweisen, für alle Krankenkassen gestrichen werden. So sollen Manipulationen der RSA-Datenmeldungen, beispielsweise das zusätzliche Kodieren von Krankheiten, unattraktiver werden. Die erzielten Effekte des HMG-Ausschlusses schätzt der Beirat aber eher kritisch ein – zudem sei der Durchführungsaufwand erheblich.

Mit Blick auf mögliche Risikoselektionsanreize empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat allerdings die Wiederaufnahme der Erwerbsminderungsgruppen in den RSA – diese wurden mit dem GKV-FKG gestrichen. Die Analyse habe gezeigt, dass bei derzeitiger Methodik bei Versicherten mit Erwerbsminderungsstatus Unterdeckungen zu verzeichnen sind.

In einem weiteren Gutachten des Beirats wurden Modelle für die Zuweisungen für das Krankengeld untersucht. Hierzu wurden zwei in den Vorjahren von externen Gutachtern erarbeitete Modellempfehlungen zu möglichen Reformoptionen analysiert und mit dem aktuellen Zuweisungsverfahren verglichen.

Dabei wurde festgestellt, dass sowohl auf der versichertenindividuellen Betrachtungsebene als auch auf Ebene der Krankenkassen und der regionalen Kennzahlen das Status quo-Verfahren die besten Ergebnisse erzielt. Der Wissenschaftliche Beirat empfiehlt daher die Beibehaltung des Status quo-Verfahrens.

Die Betriebskrankenkassen begrüßten, dass das Gutachten Vorschläge zur Vereinfachung des Ausgleichsverfahrens benennt. Die Komplexität des Verfahrens sei durch die letzten Reformschritte immens gestiegen – die Durchführung des Verfahrens bringe inzwischen alle Beteiligten an ihre Grenzen, so der BKK Dachverband.

Vom AOK-Bundesverband hieß es, die wissenschaftliche Evaluation des Beirates stärke die Akzeptanz des Risikostrukturausgleichs und zeige die Bereitschaft zur stetigen Verbesserung. „Alles in allem machen die Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates deutlich, dass die Weiterentwicklung des Finanzausgleichs zwischen den Kassen wieder auf die gesundheitspolitische Agenda gehört“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer.

aha

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