Politik

Grüne drängen auf Maßnahmen gegen Partydroge Lachgas

  • Montag, 28. Oktober 2024
/ink drop, stock.adobe.com
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Berlin – Lachgas scheint in Deutschland ein zunehmendes Problem zu werden. Doch die Erkenntnisse darüber sind in der Politik offenbar gering. Die Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ruft den Senat zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Partydroge auf.

„Lachgas wird zunehmend konsumiert, das sehen alle, die in Partykiezen unterwegs sind“, sagte die Grünen-Abgeordnete Silke Gebel. „Viele Spätis oder Lachgastaxis verkaufen die Kartuschen auch an Minderjährige, weil bis heute eine Regulierung fehlt.“

Obwohl von Lachgas (Distickstoffmonoxid) Gesundheitsge­fahren ausgingen, schaue der Senat bisher weg, so Gebel. „Der Senat muss ein Lachgasmonitoring mit gesundheit­lichen Vorfällen und Beschaffungsquellen starten“, forderte die Gesundheitspolitikerin. Für Verkaufsstellen müsse es die Auflage gegen, Gesundheitswarnungen zu veröffentlichen.

„Während in Ländern wie Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden schon seit 2023 Verbote für den Ver­kauf bestehen, weiß der Senat nicht einmal, wie viel Lachgas in Berlin verkauft wird“, fügte Gebels Fraktionskol­le­ge Vasili Franco als Sprecher für Drogenpolitik hinzu. Seine Fraktion hoffe auf eine rasche Umsetzung von Vorstößen für ein Verkaufsverbot an Minderjährige auf Bundesebene.

„Der bestehende Trend wird sich aber nicht einfach durch Verbote in Luft auflösen“, so Franco. „Der Senat darf nicht einfach an der bestehenden Realität eines Konsumphäno­mens vorbeischauen. Durch eine monitoringba­sierte Präventionsarbeit könnten Entwicklungen und vor allem gefährliche Trends frühzeitig und zielgerichtet erkannt werden.“

Lachgas ist leicht verfügbar, die Zahl der Fälle von Missbrauch dieser Substanz durch Kinder und Jugendliche nimmt laut Experten zu. Erhebungen zufolge gilt Lachgas als eine der meistkonsumierten Drogen schon bei Schülern.

Wird Lachgas eingeatmet, verursacht es kurzzeitige Bewusstseinsveränderungen und Rauschzustände. Üblicher­weise wird die Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff für medizinische Zwecke, in der chemischen Industrie oder zum Aufschäumen von Sprühsahne genutzt.

Der Berliner Senat weiß nichts über das Ausmaß der Verwendung als Droge in Berlin. „Dem Senat liegen weder Daten noch Erkenntnisse über Verkauf und Konsum oder Konsummuster von Lachgas über die letzten fünf Jahre vor“, hieß es jüngst in einer Antwort der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Das gelte auch für Fragen etwa zur Häufung medizinischer Behandlungen wegen Lachgas oder etwaigen Todesfällen.

Die Gesundheitsverwaltung verweist auf Bestrebungen und Prüfungen auf Bundesebene, den Konsum der Partydroge zumindest für jüngere Menschen einzuschränken. „Aus gesundheitspräventiver Perspektive sollte im Allgemeinen der Zugang zu Lachgas für Minderjährige gesetzlich reguliert werden“, heißt es in der Antwort. Aber: „Zunächst bedarf es einer entsprechenden Prüfung auf Bundesebene, bevor Rückschlüsse auf eine landesrechtliche Regelung gezogen werden können.“

Der Bundesrat hatte die Bundesregierung im Juni gebeten, „geeignete rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Verkauf von Lachgas, insbesondere an Kinder und Jugendliche, soweit einzuschränken, dass Missbrauch verhindert wird.“ Berlin stimmte dem Vorstoß Niedersachsens seinerzeit zu. Die Berliner CDU-Fraktion hatte im Juli eine weitere Bundesratsinitiative des Landes mit ähnlicher Stoßrichtung gefordert.

Eine Ahnung davon, wie verbreitet der Lachgas-Konsum ist, bekommt man durch Angaben der Berliner Stadtrei­nigung (BSR). „Der Konsum von Lachgas als Partydroge hat in den letzten Jahren stetig zugenommen“, sagte die BSR-Vorstandsvorsitzende Stephanie Otto. „Wir finden in Spitzenzeiten bis zu 250 Lachgaskartuschen täglich im Müllheizkraftwerk in Ruhleben.“

Durch verbliebene Gasreste könnten sich die Metallbehälter bei ihrer Verbrennung zu regelrechten Sprengkör­pern entwickeln und seien somit eine Gefahrenquelle für die Mitarbeiter der BSR. „Darüber hinaus können Lach­gaskartuschen erhebliche Schäden in den Kesseln verursachen, was dazu führen kann, dass wir die Kapazität unserer Anlage herunterfahren müssen.“

Laut BSR landen die Metallkartuschen nach dem Konsum zumeist in Restmülltonnen und öffentlichen Papier­körben oder werden in Grünanlagen und Parks zurückgelassen. Sie gehörten aber auf keinen Fall in den Rest­müll oder in Papierkörbe, so der Entsorger.

Demnach können vollständig entleerte Lachgasbehälter über die Wertstofftonne entsorgt werden. Nicht voll­ständig entleerte Kartuschen müssen im Handel oder an den Schadstoffannahmestellen der Berliner Recycling­höfe abgegeben werden, um eine umweltgerechte und sichere Entsorgung zu gewährleisten.

dpa

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