Kabinett soll Herzgesetz und Apothekenreform im August beschließen

Berlin – Das Bundeskabinett soll das viel kritisierte „Gesunde-Herz-Gesetz“ am 21. August beschließen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die Vorlage für die erste Sitzung des Kabinetts nach der Sommerpause auf die Tagesordnung gesetzt. Das geht aus einer Terminvorschau für die Kabinettssitzungen hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Am 21. August soll auch das umstrittene Apothekengesetz auf der Tagesordnung stehen. Ursprünglich war geplant, dieses Gesetz bereits Mitte Juli vom Kabinett absegnen zu lassen. Dazu kam es dann allerdings nicht – es fehlte offenbar die sogenannte Rechtsförmigkeitsprüfung aus dem Bundesjustizministerium (BMJ). „Minister Buschmann ist gerade im Urlaub“, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Anschluss an die Kabinettssitzung.
Dort wurden Mitte Juli das Gesetz zur Notfallreform, das Gesetz zur Lebendorganspende, das Gesetz zum Aufbau einer Gesundheitsdigitalagentur sowie das „Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit“ zum Aufbau des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) beschlossen. Alle vier befinden sich inzwischen im parlamentarischen Verfahren und sollen dort nach der Sommerpause ab Mitte September beraten werden und zum Jahreswechsel in Kraft treten.
Auch das Gesunde-Herz-Gesetz soll nach Wünschen von Minister Lauterbach ab 2025 in Kraft treten – allerdings ist die komplette Fach- und Verbändewelt gegen das Gesetz. So sieht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) einen „Systembruch“ durch das Gesetz und fordert die komplette Streichung der Vorhaben.
Dazu gehören beispielsweise die Verordnung von Statinen bei Risikogruppen oder auch bei Kindern. Dabei wird laut Referentenentwurf der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der für die Auswahl von Therapien, Medikamenten oder Untersuchungsmethoden zuständig ist, außen vor gelassen. Positiv sei laut KBV nur, dass das Thema Prävention und regelmäßige Check-ups angesprochen werden.
Auch der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, hatte darauf hingewiesen, dass Prävention und Therapie auf wissenschaftlicher Evidenz basieren müssten und nicht auf den Vorgaben von Politik und Behörden. Er fürchtet, dass es mit dem geplanten Eingriff in die Selbstverwaltung nicht zu einer besseren Versorgung komme, sondern „die Qualität und die Akzeptanz von Vorsorgeuntersuchungen gefährdet“ werde und dies „zu einem ordnungspolitischen Chaos“ führe.
„Selten waren sich Ärzteschaft, Wissenschaft, Krankenkassen und Selbstverwaltung bei der Bewertung eines Gesetzes so einig wie beim Gesundes-Herz-Gesetz“, hieß es vom Deutschen Hausärztinnen und Hausärzteverband (HÄV). Das Gesetz „sollte in dieser Form gestoppt werden“, betonten die Bundesvorsitzenden Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier.
Durch das Gesetz fürchten die Krankenkassen um die langjährig etablierten Präventionskurse. Aus deren Geldern sollen die neuen Pläne für die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen gezahlt werden. Die Krankenkassenverbände haben dazu ausgeführt, dass 2023 1,5 Millionen Menschen an Präventionskursen teilgenommen haben, die entsprechenden Mittel seien ausgeschöpft.
„Wenn aus diesem Budget nun auch Arzneimittel zur Cholesterinsenkung sowie erweiterte Leistungen der Gesundheitsuntersuchungen und ärztliche Honorare finanziert werden sollen, stehen für die Bekämpfung der lebensstilbedingten Ursachen nur noch wenige bis keine Mittel mehr zur Verfügung“, heißt es von den Kassenverbänden. Somit würden auch die Präventionsempfehlungen, die Ärztinnen und Ärzte ausstellen, „ins Leere laufen.“
Auch der Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, kritisierte das Gesetz mehrfach. „Statt sich dafür einzusetzen, dass sich Kinder gesund und ausgewogen ernähren und es Aufklärungskampagnen zu einer gesunden Lebensweise gibt, sollen Arzneimittel verordnet werden“, beklagte er.
In der offiziellen Stellungnahme der unparteiischen Mitglieder des G-BA zum Gesundes-Herz-Gesetz heißt es, es sei „fachlich fraglich, ob die in dem vorgelegten Referentenentwurf festgelegten Maßnahmen den angestrebten Zweck überhaupt erreichen können, weil sie die überragend wichtige Primärprävention nicht nur völlig außer Acht lassen, sondern sogar sekundärpräventive zusätzliche Diagnose- und Medikationskosten mit ohnehin knappen Mitteln zur Förderung der Primärprävention gegenfinanzieren“.
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