Appell an Lauterbach: Prävention nicht auf Vorbeugemedizin reduzieren

Berlin – Der Gesetzgeber hat die Nationale Präventionskonferenz (NPK) 2015 eingeführt, um sich um das Thema Prävention in Deutschland zu kümmern. Nach Ansicht der Träger – die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie die soziale Pflegeversicherung – gefährdet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) bisherige Bemühungen.
Der aktuelle Entwurf lasse „leider vermuten“, dass sich der Gesetzgeber auf die Früherkennung von Krankheitsrisiken und insbesondere den ärztlich-medizinischen Versorgungsbereich beschränkt, statt die Potenziale verhältnispräventiver Maßnahmen stärker auszuschöpfen, heißt es in einer Mitteilung der NPK. Sie kritisiert auch, dass geplant ist, Finanzmittel der Prävention für Medikamente einzusetzen.
Die Präventionsleistungen der Krankenkassen fußten auf einer wissenschaftlich abgesicherten Kombination aus verhaltensbezogenen Angeboten zur Stärkung von Kompetenzen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil und Unterstützungsleistungen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Verhältnisse in Lebenswelten wie Kommunen, Kindergärten und Betrieben, betonte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.
Die Pläne der Bundesregierung, die dafür vorhandenen Finanzmittel zugunsten einer verstärkten Medikalisierung zu kürzen, seien „für die Prävention ein fatales Signal“. Viel wichtiger wäre es, politische Initiativen auf den Weg zu bringen, die gesundheitsförderliche Lebensbedingungen für Bürger gewährleisteten. So könnten die Präventionsleistungen der Krankenkassen ihre volle Wirkung entfalten.
„Um gesund aufzuwachsen und durch das Arbeitsleben zu kommen, sollten lebensstilförderliche Maßnahmen gestärkt werden, statt diese zu schwächen“, sagte Jörg Heinel, Vorstandsvorsitzender der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Gerade im Bereich der Ernährung seien präventive Angebote von besonderer Bedeutung und Wirkung. Bereits im Kindesalter müsse man mehr auf ein gesundes Aufwachsen und damit auf eine gesunde Ernährung setzen.
Die Deutsche Rentenversicherung spricht sich für einen Health-in-All-Policies-Ansatz aus. Damit das gelingt, müsse eine sinnvolle Verzahnung von Leistungen zur Gesundheitsförderung, Prävention und medizinischen Rehabilitation frühzeitig mitgedacht und berücksichtigt werden – entsprechend dem Grundsatz „Prävention vor Reha vor Rente“.
Da bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen Lebensstilfaktoren und damit die Primärprävention eine entscheidende Rolle spielten, sollten zudem verhältnispräventive Ansätze und die Förderung der individuellen Gesundheitskompetenz weiter ausgebaut werden. „Sie können zu einer nachhaltig wirksamen Prävention beitragen“, sagte Brigitte Gross, Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund.
„Wer Prävention auf Vorbeugemedizin reduziert, lässt ihr Potenzial für ein demografieresilientes Gesundheitssystem liegen”, betonte Timm Genett, Geschäftsführer im PKV-Verband. Deutschland dürfe nicht länger Zeit verlieren.
„Wir brauchen jetzt eine ganzheitliche Präventionsstrategie, die die Kooperation der Präventionsakteure in Bund, Ländern und Kommune verbessert und die verschiedenen Ansätze funktional integriert: Health in All Policies, Verhältnis- und Verhaltensprävention.“
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) plant mit dem Herzgesetz unter anderem Arzneimittelverordnungen zur Tabakentwöhnung, Verschreibungen von Statinen, Früherkennung und ärztliche Präventionsempfehlungen aus dem Topf für die Primärprävention zur Verfügung stehenden Mittel zu bezahlen.
Kritiker betonen, dass dann kein Geld mehr für Präventionsmaßnahmen bleibt. Die Krankenkassen befürchten zudem, dass dann die rund 110.000 zertifizierten Kurse von mehr als 67.000 Anbietern vor dem Aus stehen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: