KBV weist Vorwurf zu hoher PCR-Test-Kosten zurück

Köln – Im Zusammenhang mit Medienberichten über angeblich zu hohe Erstattungspreise für PCR-Tests hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) heute auf die entsprechende gesetzliche Grundlage für die Preisfindung hingewiesen.
Der für die Preisfestsetzung von Leistungen zuständige Bewertungsausschuss – das Gremium setzt sich aus Vertreter der Ärzte und Krankenkassen zusammen – entscheide „selbstverständlich nicht“ auf der Basis einzelner „zugerufener“ Preise, teilte die KBV dem Deutschen Ärzteblatt mit. Darüber hinaus berate der Bewertungsausschuss vertraulich.
Sofern der Erweiterte Bewertungsausschuss entscheide, handele es sich um grundsätzlich strittige Verfahren, die von einem unabhängigen Schiedsgremium – ebenfalls vertraulich – beraten würden, so dass „in jedem Falle“ sichergestellt sei, dass sich nicht alleine die Position einer Partei durchsetze.
In einem gestern Abend veröffentlichten Bericht eines Rechercheverbunds aus WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) hieß es, mit mehr als sechs Milliarden Euro hätten Staat und Krankenkassen für PCR-Tests möglicherweise deutlich mehr Geld ausgegeben als erforderlich – ursächlich seien fragwürdige Preiskalkulationen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumte demnach auf Anfrage ein, dass die Preise für PCR-Tests aus seiner Sicht „zu hoch“ gewesen seien. Die Recherchen ergaben demnach, dass die Testmaterialien auf dem Markt damals günstiger zu kaufen waren, als Ärztevertreter in den Preisverhandlungen mit den Krankenkassen angegeben hätten.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) hätten zu dieser Zeit 30 von 170 Laboren über Knappheit geklagt. Gleichzeitig hätten die Labore ihre Kapazitäten in diesen Wochen massiv ausgebaut.
Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte demnach auf Anfrage, die Verfügbarkeit von PCR-Tests schnell und verlässlich herzustellen, sei „gerade im schweren ersten Jahr ein zentrales Mittel der Pandemiebekämpfung“ gewesen. Konkrete Fragen könne er nicht beantworten, da er keinen Aktenzugang mehr habe.
Auf den politischen Willen, den Bürgern im Rahmen der Coronapandemie in kurzer Zeit umfassende Testmöglichkeiten anzubieten, verwies heute auch die KBV. „Wir hatten von Anfang an davor gewarnt, dass massenhaftes Testen keinen medizinischen Sinn macht. Trotzdem wollte Politik diesen Weg gehen mit der Folge, dass in kurzer Zeit die Testkapazitäten erheblich ausgeweitet werden mussten. Dies ist der gemeinsamen Selbstverwaltung von GKV-Spitzenverband und KBV auch gelungen“, so die KBV zum Bericht.
Die öffentlich und politisch geforderte Sicherstellung von SARS-CoV-2-Testungen mit final drei Millionen Testungen pro Woche habe „extreme Hochskalierung der Diagnostik in einem angespannten Markt und weltweiter Konkurrenz um knappe Testressourcen mit extremen externen Kosten und unsicherer, teilweise auch unterbrochener Marktversorgung“ erfordert, erläutert die Körperschaft weiter.
Deswegen sei die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die Vergütung des Corona-PCR-Test in der Testverordnung von der Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abzukoppeln, richtig gewesen. Nur so habe man den schnellen Aufbau von weltweit extrem nachgefragten Testkapazitäten ermöglichen können.
Bei nachträglich durchgeführten Preisvergleichen sei zudem zu beachten, dass eine zuverlässige und weitgehend automatisierte Abarbeitung großer Testmengen – wie im Rahmen der Coronapandemie – nur durch abgestimmte Komplettkits für vollmechanisierte Systeme in den Laboren möglich sei.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, hat die Finanzierung der PCR-Tests verteidigt. „Es ist halt immer leicht im Nachhinein zu sagen, was man vorher hätte besser machen können“, sagte er heute im Deutschlandfunk.
Zu Beginn der Pandemie habe man noch nicht viel über das Virus gewusst. Es sei darum gegangen, schnell und viel zu testen, Testkapazitäten zu schaffen und Akteure zu animieren, diese Tests anzubieten und durchzuführen. „Und dass man da sicherlich auch anders oder günstiger hätte vergüten können, im Nachgang zeigt sich das jetzt.“
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai will das Thema im Bundestag aufarbeiten. „Neben den Maskendeals von Politikern von CDU und CSU stellen die viel zu hohen PCR-Preise nun offenbar einen weiteren rechtlichen Tiefpunkt in der Pandemiepolitik dar, für die die Union Verantwortung zu übernehmen hat“, sagte Djir-Sarai.
Er forderte, der Bundestag solle einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen, um „diesen mehr als fragwürdigen Vorfällen auf den Grund zu gehen“. Auch wenn die Pandemie vorbei sei, dürfe die Aufarbeitung von Verfehlungen der damaligen Verantwortlichen auf keinen Fall unter den Tisch fallen.
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, sprach sich im Zusammenhang mit der Berichterstattung für „transparente und nachvollziehbare Kalkulationsgrundlagen auf Basis verpflichtender Kostenerhebungen durch die Vertragsärzte“, die dann beiden Seiten in gleicher Weise zur Verfügung stehen müssten, aus. Die bisherigen Grundlagen würden nicht ausreichen, so Reimann.
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