Politik

Krebsgesellschaft zieht durchwachsene Bilanz der Legislaturperiode

  • Donnerstag, 20. Februar 2025
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Berlin – Die Deutsche Krebsgesellschaft zieht eine durchwachsene Bilanz der zurückliegenden Legislaturperiode. Die nächste Bundesregierung müsse einen stärkeren Fokus auf Prävention und Früherkennung legen, hieß es gestern.

Bei der Deutschen Krebsgesellschaft sieht man die Ampelregierung weniger negativ als bei vielen anderen ärztlichen Verbänden. Gemessen an den Gesetzen der vergangenen drei Jahre müsse man sagen, dass sie im Vergleich zu den Vorgängerregierungen „eigentlich sehr produktiv war“ und „einen durchaus überdurchschnittlichen Output“ vorzuzeigen habe, erklärte Richard Hartlaub, Referent für Gesundheits- und Forschungspolitik, heute in Berlin.

Dabei müsse man ihr zugutehalten, dass sie sich anders als ihre Vorgänger auch an umstrittene und lange aufgeschobene Themen wie die grundlegende Reform der Krankenhausgesellschaft gewagt habe und das mit Blick auf die gesamtpolitische Lage unter einem „tatsächlich fatalen Mix aus Herausforderungen“, mit dem zuvor kaum eine Bundesregierung konfrontiert gewesen sei.

Freilich sei dabei vieles nicht zur vollen Zufriedenheit der Krebsgesellschaft gelaufen. Die scheidende Bundesregierung habe zwar wichtige Problemstellungen richtig identifiziert, aber dann zu selten Ergebnisse erreicht, „die den selbst gesteckten Zielen gerecht werden und den Schaden im Verhältnis zu den Stakeholdern rechtfertigen“.

Gesetze wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) seien insbesondere für die Forschung ein bedeutender Meilenstein gewesen, allerdings sei das Gesetz zu restriktiv gestaltet worden. „Wir würden uns da mehr mögliche Datenverknüpfungen wünschen“, erklärte Hartlaub.

Auch beim Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) seien weitere Nachbesserungen notwendig. So gebe es gerade einmal fünf onkologische Leistungsgruppen, die wiederum fachlich oft nicht nachvollziehbar seien. Auch die Mindestmengenregelungen für onkochirurgische Eingriffe seinen völlig unzureichend und manipulationsanfällig. Das KHVVG müsse deshalb nach der Bundestagswahl zügig weiterentwickelt werden.

Auch Arzneimittellieferengpässe seien weiterhin eine enorme Herausforderung in der Onkologie. Der Engpass beim Brustkrebsmedikament Tamoxifen sei dafür ein besonders drastisches Beispiel.

Man bewege sich „auf sehr dünnem Eis“, betonte Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Pharmaverbands Pro Generika. Die Versorgung sei zwar generell sichergestellt, aber die Lage sei fragil. Es sei eine Erosion der Herstellerlandschaft zu beobachten, da es sich angesichts des Kostendrucks immer weniger Unternehmen leisten könnten, in die Produktion generischer Onkologika einzusteigen.

„Wir reden in Deutschland seit 2012 von Versorgungsengpässen bei Krebsmedikamenten“, mahnte Bretthauer. Sowohl Daniel Bahr (FDP) als auch Hermann Gröhe und Jens Spahn (beide CDU) hätten bei dem Thema eine „sehr flache Lernkurve“ gehabt. Karl Lauterbach (SPD) sei das Thema nun als erster Minister wenigstens systematisch angegangen, auch wenn er dabei zu wenig Mut und politische Konsequenz an den Tag gelegt habe.

Es müsse endlich die Resilienz im System gestärkt werden, statt wie in den vergangenen 20 Jahren ausschließlich auf eine Systemlogik der gegenseitigen Unterbietung der Anbieter zu setzen. Dadurch sei kontinuierlich die Abhängigkeit von China gefördert worden, die angesichts der geopolitischen Lage eine Gefahr darstelle.

Das Beispiel Tamoxifen verdeutliche, dass ein Hersteller in Deutschland für eine Dreimonatspackung gerade einmal 8,80 Euro erhalte, „egal wie hoch die Energie-, Personal- oder sonstigen Produktionskosten sind“.

Statt aus dem Engpass zu lernen, gebe es aber aktuell erneute Rabattvertragsausschreibungen der Krankenkassen, um den Preis noch weiter zu drücken. „Das System hat keine Selbstheilungskräfte“, beklagte Bretthauer. „Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass wir sagen, wir hätten in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt kein Geld, um die Versorgung aufrechtzuerhalten.“

Einen Fokus müsse die nächste Bundesregierung zudem auf eine bessere Prävention und Früherkennung setzen, erklärte der Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, Johannes Bruns. „Ich glaube, das Thema Prävention ist genauso einschneidend wie das KHVVG.“

Die Politik müsse gesundheitsschädlichem Verhalten mit entschlosseneren Maßnahmen entgegentreten, also nicht nur mit Aufklärungskampagnen, sondern auch mit Konsumsteuern oder Werbeeinschränkungen, heißt es im Positionspapier der Krebsgesellschaft zur Bundestagswahl.

Früherkennungsprogramme sollten demnach auch über die aktuell bereits bestehenden Maßnahmen hinaus für alle Indikationen eingerichtet werden, bei denen dies möglich und sinnvoll ist. Dabei könnten unter Umständen auch risikoadaptierte Screeningprogramme zur Anwendung kommen.

lau

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