Kritik an BMG-Plänen für Krankenkassenfinanzen

Berlin – Kritik an den heute vom Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmen zur Einhaltung der Sozialgarantie 2021 übt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sowie auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und mehrere Krankenkassen.
„Die heutigen Beschlüsse der Bundesregierung widersprechen der Sozialgarantie, die der Koalitionsausschuss im Juni gegeben hat. Zugesagt war, dass die Begrenzung der Beitragsbelastung auf 40 Prozent mit Zuschüssen des Bundes erreicht wird“, monierte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter im Zusammenhang mit dem heutigen Beschluss zum Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesezt (GPVG).
Jetzt solle dies dagegen vor allem dadurch erreicht werden, dass vorhandene Rücklagen erfolgreicher Krankenkassen auf andere Kassen verteilt werden. Das sei nicht nur ein Vertrauensbruch gegenüber den Beitragszahlern, sondern auch eine „Bestrafung“ gut wirtschaftender Krankenkassen, so Kampeter.
Zudem würden die aufgelösten Rücklagen in den Folgejahren fehlen und dann nicht mehr zur Begrenzung von Zusatzbeiträgen zur Verfügung stehen. Statt einmaliger Strohfeuereffekte brauche die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein Finanzierungskonzept, das nachhaltig ist und auch über 2021 hinaus trägt. „Das aber fehlt nach wie vor“, kritisierte der BDA-Hauptgeschäftsführer.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel warf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine „Plünderung“ der Reserven der gesetzlichen Krankenkassen vor. Die enormen Kosten der Pandemie müssten unbedingt durch einen höheren Bundeszuschuss finanziert werden. Seuchenschutz und die Bewältigung von Pandemiefolgen seien Staatsaufgaben.
„Die mit dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege vorgelegten Maßnahmen zur Einhaltung der „Sozialgarantie 2021“ sind sozial unausgewogen und zudem ein massiver Eingriff in die Autonomie der Selbstverwaltung“, erklärten die Verwaltungsratsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes Uwe Klemens und Volker Hansen.
Klemens ist Vertreter der Versichertenseite im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes, Hansen ist Vertreter der Arbeitgeber. Die Bereitstellung von nur fünf Milliarden Euro aus Bundesmittel sei unzureichend und die einseitige Belastung der Beitragszahlenden nicht gerechtfertigt.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages seien „dringend aufgefordert“, den vorgelegten Entwurf in wesentlichen Punkten nachzubessern, um eine nachhaltige finanzielle und strukturelle Schwächung der GKV mit diesem „massiven Eingriff in die Finanzautonomie der Selbstverwaltung“ zu verhindern.
Auch die Innungskrankenkassen (IKK) kritisieren die Pläne der Bundesregierung, die pandemiebedingten Mehrkosten „primär aus den Rücklagen und aus Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenkassen“ zu finanzieren.
Sie forderten die Politik auf, im Rahmen der Haushaltsberatungen einen „angemessenen Betrag“ für die Gegenfinanzierung der zwischen der GKV und dem BMG abgestimmten Mehrbelastungen für die GKV in diesem und im nächsten Jahr vorzusehen und die Vorgaben zum Vermögensabbau zu überarbeiten.
Scharfe Kritik übten auch die alternierenden Aufsichtsratsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Volker Hansen und Knut Lambertin. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung stelle „einen weiteren Angriff auf die Beitragsrücklagen bei den gesetzlichen Krankenkassen und die soziale Selbstverwaltung dar“.
Der „Mix aus Entwendung von Beitragsgeldern, Erhöhung des Zusatzbeitrages und Verschärfung der Anhebungsverbotsgrenze für Zusatzbeiträge“ höhle das Vertrauen der Versicherten und Arbeitgeber in die Politik aus und beschädige den Solidargedanken in der GKV. An einem angemessenen Bundeszuschuss zugunsten der Beitragszahler führe kein Weg vorbei.
Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes, betonte ebenfalls, man habe eine höhere Beteiligung des Bundes als die jetzt zugesagten fünf Milliarden Euro erwartet. Sehr kritisch sehe man den geplanten Eingriff in die Finanzreserven der Einzelkassen.
„Dies ist nichts weniger als eine Sozialisierung eines Teils der Beiträge der gesetzlich Versicherten und ihrer Arbeitgeber in Deutschland.“
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