Länder ringen weiter um Zustimmung zur Krankenhausreform

Mainz – Die Bundesländer ringen weiter mit der Frage, ob sie am kommenden Freitag bei der Abstimmung für oder gegen die Krankenhausreform votieren werden. Was am Ende im Bundesrat entschieden wird, ist noch ungewiss. Sicher ist nur: Es wird so oder so eine knappe Entscheidung werden.
Zur Anrufung des Vermittlungsausschusses werden mindestens 35 Stimmen der insgesamt 69 Länderstimmen im Bundesrat benötigt. Der Vermittlungsausschuss besteht aus 16 Ländervertretern – hauptsächlich den Länderchefs – sowie 16 Bundestagsabgeordneten.
In diesem Ausschuss sollen Änderungen an Gesetzen verhandelt werden, die zwischen Bund und Ländern strittig sind. Sollte es zu einer Einigung im Vermittlungsausschuss kommen, muss über diese im Bundesrat nochmal abgestimmt werden.
Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen wollen nach aktuellem Stand den Vermittlungsausschuss anrufen. Das hat eine Abfrage des Deutschen Ärzteblattes unter den Bundesländern ergeben. Zusammen hätten die sechs Länder 30 Stimmen.
Es könnte sein, dass etwa Sachsen (vier Stimmen) ebenfalls den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Für eine absolute Mehrheit bräuchte es damit noch ein weiteres Land. Unentschieden war man zuletzt noch in Hessen.
Rheinland-Pfalz und das Saarland werden demnach den Vermittlungsausschuss am Freitag nicht anrufen. Zudem werden Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes ebenfalls für die Krankenhausreform stimmen.
Über Verordnungen sind Änderungen noch möglich
„Die Reform ist dringend notwendig und wir können es uns nicht leisten, diesen langwierigen Reformprozess jetzt zu bremsen oder gar zu stoppen“, sagte die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) dem Deutschen Ärzteblatt. Die Länder würden über die Verordnungen noch Spielraum haben, auf die Reform einzuwirken, erklärte sie. Fakt sei, dass dringend eine Krankenhausreform benötigt werde, um die gesundheitliche Versorgung langfristig zu sichern.
Für die Gesundheitsministerin in Mecklenburg-Vorpommern Stefanie Drese (SPD) sei das Gesetz nicht vollkommen, aber die Vorteile würden überwiegen. „So können wir mit der Reform unsere bedarfsnotwendigen kleinen Krankenhäuser erhalten und unterstützen.“ Dies erfolge durch die im Gesetz festgeschriebene Erhöhung der Sicherstellungszuschläge, die Einführung einer fallzahlunabhängigen Sockelfinanzierung und die Ausnahmemöglichkeiten bei den Mindestanforderungen und den Mindestvorhaltezahlen.
Drese ist überzeugt: „Wir stärken mit der Reform die Grundversorgung in der Fläche und sorgen parallel dafür, dass sich jeder Krankenhausstandort auf das fokussiert, was er am besten kann. Das sichert die Qualität der Versorgung.“ Wichtig für Mecklenburg-Vorpommern sei zudem der Ausbau der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit mit der Einführung von sektorenübergreifenden Versorgern.
Reform ist besser als gar keine Reform
Das Saarland wird im Bundesrat für die Krankenhausreform stimmen und dafür werben, nicht den Vermittlungsausschuss anzurufen, kündigte Regierungssprecher Julian Lange (SPD) an. „Man mag Verbesserungsvorschläge an dieser Reform formuliert haben, aber diese Reform ist besser als gar keine Reform“, begründete Lange. „Denn gar keine Reform würde bedeuten, dass mindestens mal willkürliche Krankenhausschließungen in Deutschland drohen – und das kann keiner wollen.“
Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sprach sich ebenfalls für die Krankenhausreform aus. „Fachlich gesehen wäre die Anhörung des Vermittlungsausschusses nicht zielführend“, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt. Damit sei die Krankenhausreform mit hoher Wahrscheinlichkeit auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Krankenhausreform sei aber dringend notwendig, betonte Nonnemacher.
In Brandenburg gehe es insbesondere um die 28 sogenannten Sicherstellungskrankenhäuser, die für die Grundversorgung in den dünnbesiedelten ländlichen Regionen Brandenburgs unverzichtbar seien. Für sie gebe es im Gesetz wichtige Ausnahmen. „Damit ist die Notfallversorgung dort auch künftig gewährleistet.“ Die brandenburgische Landesregierung hat allerdings noch nicht final entschieden, wie sie am Freitag abstimmen wird.
Reformvorschläge gehen in richtige Richtung
Ähnlich äußerte sich Rheinland-Pfalz. „Wir wissen, dass wir diese Reform dringend brauchen und wir nur mit ihr die Krankenhauslandschaft zukunftssicher aufstellen können“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) nach dem Ministerrat in Mainz. „Mit der Reform wird die medizinische Versorgung im Land besser als ohne“, sagte er. „Die Reformvorschläge des Bundes gehen in die richtige Richtung.“
Der Gesetzentwurf enthalte Maßnahmen, die bereits 2025 erste finanzielle Wirksamkeit entfalten könnten, für eine kurzfristige finanzielle Unterstützung der Krankenhäuser, betonte Hoch. Wenn die Reform in den Vermittlungsausschuss gehen sollte, dann sieht Rheinland-Pfalz keine Chance mehr auf deren Umsetzung, da sie dem Diskontinuitätsprinzip nach der vorgezogenen Bundestagswahl unterliegen werde.
Ampel sieht aber weiter Gesprächsbedarf
Gesprächsbedarf sieht die Ampelregierung aber weiterhin. Denn es seien „auch neue, zusätzliche Punkte durch die Bundestagsfraktionen aufgenommen worden, die die Länder in ihrer Handlungsfreiheit beschränken“, monierte Hoch.
„Dies gilt konkret für die vorgesehene Prüfung des Insolvenzrisikos eines Krankenhauses durch die Länder und die Stichtagsregelung für den Projektbeginn für den Transformationsfonds.“ Dies verzögere den zügigen Beginn des dringend erforderlichen Umbaus der stationären Versorgung weiter.
Auch über die sogenannte Zwei-Kilometer-Regel bei Krankenhäusern will Hoch noch einmal diskutieren. Besteht ein Standort aus mehreren nicht zusammenhängenden Gebäuden, kann er als eine Fläche beschrieben werden. Der Abstand zwischen den äußeren Gebäuden darf nach der Regel aber nicht mehr als 2.000 Meter Luftlinie betragen.
Die zementierte Standortdefinition werde für einige Krankenhäuser eine Herausforderung. Vor allem Universitätskliniken werde dies vor Schwierigkeiten stellen, die historisch bedingt innerhalb einer Stadt auf mehrere Standorte verteilt sind.
Der Landesgeschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, Andreas Wermter, hatte dagegen an Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) appelliert, gemeinsam mit anderen Bundesländern den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl auf ein Vermittlungsverfahren zu verzichten und auf eine Nachbesserung des dann ohne Änderungen beschlossenen Gesetzentwurfes nach der Wahl zu hoffen, sei „außerordentlich risikoreich und würde dafür sorgen, dass die Krankenhäuser erneut über viele Monate im Unklaren gelassen werden, welche Instrumente zur wirtschaftlichen Sicherung und Weiterentwicklung der Strukturen zu erwarten sind“, argumentiert Wermter.
Ohne signifikante Änderungen in dem Gesetz sei die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Versorgung insbesondere im ländlichen Bereich gefährdet.
Baden-Württemberg stellte sich erneut gegen die Reform und sprach sich für den Vermittlungsausschuss aus. „Die Nachteile für Baden-Württemberg sind derzeit so groß, dass wir einfach nicht mitgehen können“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) in Stuttgart.
Aus Sicht der Landesregierung sind in Baden-Württemberg schon viele Kliniken zusammengelegt und Strukturen konzentriert worden. Man werde in der entscheidenden Bundesratssitzung am Freitag nicht das Gesetz als Ganzes angreifen, aber man wolle mehrere Punkte im Vermittlungsausschuss ändern, kündigte Lucha an.
Er kritisierte vor allem die sogenannten Vorhaltevergütungen und die Konstruktion der Leistungsgruppen, zudem kritisierte er einen Eingriff in die Planungshoheit der Länder. „Krankenhausplanung ist Länderhoheit. Das, was uns vorliegt, greift in unser Hoheitsrecht ein – und das können wir nicht akzeptieren.“
Baden-Württemberg werde im Bundesrat alles dafür tun, im Vermittlungsausschuss erfolgreich zu sein. Sollte der Vermittlungsausschuss nicht angerufen werden, müsste man eine Protokollerklärung abgeben und darauf achten, dass eine künftige Bundesregierung nachsteuere, so Lucha.
Der Artikel wurde am 20. November aktualisiert.
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