Politik

Länder machen sich erneut für Reform der Organspende stark

  • Mittwoch, 24. September 2025
/picture alliance, Frank May
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Berlin – Der Bundesrat lässt nicht locker. Acht Bundesländer wollen übermorgen erneut einen Anlauf nehmen, um die Regeln für die Organspende in Deutschland zu ändern. Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen wollen den Bundestag auffordern, eine Widerspruchslösung einzuführen.

Das würde bedeuten, dass jeder Bürger potenzieller Organspender ist – außer, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Bislang ist eine Organentnahme nur dann möglich, wenn der Betroffene vorher ausdrücklich zugestimmt hat.

Die Länder begründen ihre Initiative damit, dass bislang alle Maßnahmen zur Steigerung der Organspendezahlen erfolglos geblieben seien. Sie können dabei auf Rückendeckung des Deutschen Ethikrats und der Bundesärztekammer verweisen. Es gibt aber auch nach wie vor Kritiker der Regelung.

2020 hatte der Bundestag eine Widerspruchslösung abgelehnt und stattdessen ein Gesetzespaket zur Steigerung der Spenderzahlen beschlossen. Seitdem sollen die Bürger bei Behördenkontakten – etwa beim Ausstellen eines Ausweises oder Führerscheins – verstärkt mit dem Thema Organspende konfrontiert werden. Außerdem sollen Krankenkassen, Arztpraxen, Ausweisstellen und Fahrschulen immer wieder beraten und informieren.

Darüber hinaus hat 2024 ein bundesweites Onlineregister zur Organspende seine Arbeit aufgenommen. Bürger können dort ihre Haltung zur Organ- und Gewebespende dokumentieren und jederzeit ändern. Bis Ende Juni hatten 330.000 Personen ihr Ja oder Nein dort dokumentiert. Für die beteiligten Bundesländer ist klar: „Auch das jüngst in Betrieb genommene Organspenderegister wird in Bezug auf die Spenderzahlen keine wesentliche Verbesserung herbeiführen können.“

Die bundesweiten Organspendezahlen verharren seit Jahren auf niedrigem Niveau. 2024 spendeten laut Deutscher Stiftung Organtransplantation 953 Menschen nach ihrem Tod Organe. Insgesamt wurden inklusive Lebendspenden 2.854 Spenderorgane entnommen. Auf der anderen Seite standen 8.100 schwerstkranke Patienten auf der Warteliste. Pro Jahr sterben Hunderte, weil sich kein passendes Transplantat findet.

Die Länder verweisen in ihrem Gesetzentwurf auch darauf, dass die grundsätzliche Zustimmung zur Organspende bei Umfragen regelmäßig über 80 Prozent beträgt. Dennoch liege nach einer Umfrage von 2022 der Anteil der Menschen, die ihren Entschluss in einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung dokumentiert haben, nur bei 44 Prozent. In der konkreten medizinischen Praxis aber hätten weniger als 20 Prozent der möglichen Spender einen schriftlich dokumentierten Willen zur Organspende.

„In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle müssen die Angehörigen entscheiden, die häufig in der akuten Situation des Todes mit der Entscheidungslast überfordert sind und dann ablehnend oder gar nicht entscheiden“, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.

Eine Widerspruchslösung könnte dafür sorgen, dass die Spenderzahlen steigen, weil auch Personen, die ihre Entscheidung für eine Organspende bisher nicht dokumentiert haben, als zukünftige Organspender erfasst werden.

„Mit der Einführung einer Widerspruchslösung würde die Organspende der Normalfall und nicht mehr der durch ausdrückliche Zustimmung herbeizuführende Sonderfall“, heißt es. Die Länder verweisen zudem darauf, dass Deutschland bei einer Widerspruchslösung zu erfolgreicheren Ländern in Europa aufschließen könnte.

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Arzt, der die Organ- und Gewebeentnahme vornehmen soll, gesetzlich verpflichtet ist, durch eine Anfrage beim Organspenderegister feststellen zu lassen, ob eine Erklärung des möglichen Spenders vorliegt.

Zugleich müsste dieser Arzt auch die nächsten Angehörigen darüber befragen, ob ihnen ein der Spende entgegenstehender mündlicher oder schriftlicher Wille des möglichen Spenders bekannt ist. „Ist das der Fall, ist dieser Wille maßgebend.“

kna

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