Laumann betrachtet Abschaffung der Praxisgebühr als Fehler

Frankfurt am Main – Nordrhein Westfalens (NRW) Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bedauert die Abschaffung der Praxisgebühr. „Ein Fehler aus meiner Sicht war übrigens, das sage ich ganz offen auch kurz vor der Bundestagswahl, dass wir die Praxisgebühr wieder abgeschafft haben“, sagte er im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Die Praxisgebühr von zehn Euro wurde von 2004 bis Ende 2012 erhoben. Gesetzlich Versicherte mussten sie bei Arzt-, Zahnarzt- oder Psychotherapeutenbesuchen sowie im kassenärztlichen Notdienst einmal im Quartal entrichten.
Ziel war es, unnötige Arztbesuche zu verringern und die Krankenkassen zu entlasten. Von vielen Vertragsärzten wurde die Gebühr als eine zusätzliche bürokratische Belastung gesehen. Abgeschafft wurde sie auch mit dem Argument, dass sie Patienten von der Behandlung abschrecke.
Laumann äußerte sich auch zur Debatte um Karenztage bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. „Ich glaube nicht, dass das jemand noch mal anpackt“, sagte er und verwies darauf, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften die vom Bundestag beschlossenen Karenztage kurze Zeit später über Tarifverträge wieder abgeräumt hätten. „Seitdem gilt für mich: Jedes Mal, wenn die Arbeitgeber mit dem Thema kommen, sage ich: Leute, das vergesse ich, solange ich lebe, nicht.“
Allianz-Chef Oliver Bäte hatte im Herbst vorgeschlagen, die Arbeitnehmer sollten die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen. Damit solle auch Blaumachen verhindert werden. Mitte der 1990er-Jahre hatte die Regierung Kohl unter Verweis auf hohe Einheitskosten und schlechte Wirtschaftsdaten eine gesetzliche Kürzung der Lohnfortzahlung durchgesetzt.
Bundesweit gab es Demonstrationen gegen das Gesetz; in Tarifverträgen wurde die volle Lohnfortzahlung wieder festgelegt. 1998 war eine der ersten Amtshandlungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Start der rot-grünen Regierung, die volle Lohnfortzahlung wieder gesetzlich festzuschreiben.
Auf die Frage, warum er schon seit Jahrzehnten Sozial- und Gesundheitspolitik mache, sagte Laumann: „Ich glaube, dass ich von mir sagen kann, dass ich – auch wenn das jetzt ein wenig komisch klingen mag – ein Politiker bin, der Menschen mag.“
Außerdem fühle er sich der katholischen Soziallehre verpflichtet. „Das deutsche System ist auf der christlichen Soziallehre aufgebaut. Wir haben Sozialversicherungen, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. Wir haben eine gute Idee, was das Subsidiaritätsprinzip angeht.“
Für die kommenden Jahre sprach sich der Minister dafür aus, die Frage von Subsidiarität und Solidarität neu zu justieren. „Kleine Sachen muss man selbst lösen. Größere Sachen, die einen sonst erdrücken, muss man solidarisch lösen. Ich finde, diese Zwillingsschwestern, die gehören einfach zusammen.“
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