Lauterbach verspricht Stopp steigender Kassenbeiträge

Berlin – Im Vorfeld der Tagung des Schätzerkreises und eines erwarteten historischen Beitragssatzanstiegs hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beteuert, die Kassenfinanzen stabilisieren zu wollen. Konkrete Ankündigungen, mit welchen Maßnahmen dem Beitragsanstieg entgegenwirkt werden soll, machte er nicht.
Die Reformen der Ampelkoalition im Pflege- und Gesundheitswesen würden „dazu beitragen, die Beitragssätze zu stabilisieren“, sagte er dem Handelsblatt. Dies könne er versprechen. Es bringe nichts, „einfach mehr Geld in das System zu pumpen, ohne die Strukturen zu reformieren“, sagte Lauterbach weiter. Deutschland habe schon jetzt das teuerste Gesundheitssystem in Westeuropa, liege aber bei der Lebenserwartung ganz hinten.
Als wesentlichen Schritt, um Einsparungen zu erreichen, nannte Lauterbach die geplante Krankenhausreform. Er mahnte erneut, an damit verbundenen Investitionskosten müssten sich auch die privaten Krankenversicherungen beteiligen.
„Von den Reformen werden Privatversicherte genauso profitieren wie die gesetzlich Versicherten“, argumentierte der Minister. „Sollten die privaten Versicherungen versuchen, sich rein egoistisch zu verhalten und nur die Vorteile zu nutzen, ohne sich finanziell zu beteiligen, werden wir rechtliche Schritte einleiten, um sie zur Beteiligung zu zwingen“, drohte er.
Kurzfristige Entlastung bringen Lauterbachs Gesetze aber nicht. Und so droht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr ein massives Defizit. Um dies zu vermeiden, wird ein Beitragsanstieg um 0,7 Prozentpunkte erwartet. Morgen berät der GKV-Schätzerkreis über die GKV-Finanzlage. Die Schätzergebnisse sind Grundlage für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes der Kassen.
Zur Steigerung der Beitragssätze trage wesentlich bei, dass der GKV immer mehr versicherungsfremde Ausgaben zugewiesen werden, die eigentlich Kernaufgabe des Staates wären, kritisiert heute die IKK – Gesund plus.
Eine von der Kasse in Auftrag gegebene neuen Erhebung des Leipziger Forschungsinstitut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2) zeigt demnach: Bei einem durchschnittlichen Beitragssatz von 16,3 Punkten entfallen 2,54 Beitragssatzpunkte alleine auf versicherungsfremde Leistungen. Für Versicherte mit einem durchschnittlichen Einkommen entspräche das 740 Euro im Jahr.
Die GKV werde immer stärker für infrastrukturelle, gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die der Allgemeinheit zugutekommen, herangezogen, so die Kasse. So seien allein zwischen 2016 und 2023 die Belastungen der GKV für die nicht von den Ländern übernommene Refinanzierung der Krankenhausinvestitionen um rund 45 Prozent von 2,6 Milliarden auf 3,8 Milliarden Euro gestiegen.
9,2 Milliarden Euro hätten die Kassen allein 2022 für die Bezuschussung von Grundsicherungsempfängern ausgeben müssen. Der Bundeszuschuss halte dabei mit dem Aufwuchs an Aufgaben nicht Schritt und sei dieses Jahr sogar auf 14,5 Milliarden Euro abgesenkt worden.
Zudem seien seit 2016 zahlreiche weitere versicherungsfremde Leistungen hinzugekommen, beispielsweise die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Allein die Einrichtung und der Betrieb der staatlichen Telematikinfrastruktur, die elektronische Gesundheitskarte sowie die elektronische Patientenakte (ePA) würden demnach mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr von der GKV finanziert.
Weitere Beispiele seien die Bereitstellung von Mitteln für die Förderung der Versorgungsforschung durch den Innovationsfonds in Höhe von 200 Millionen Euro, 37 Millionen Euro für den Ausbau der notdienstärztlichen Strukturen oder pauschale Zuschläge für bedarfsnotwendige Krankenhäuser im ländlichen Raum in Höhe von 68 Millionen Euro.
Insgesamt würden sich die Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen auf 59,8 Milliarden Euro belaufen. Der Vorstandsvorsitzende der IKK – Gesund plus, Uwe Deh, fordert deshalb, die Bundesregierung müsse eine „ordnungspolitisch korrekte Ausgabenfinanzierung“ anstreben: „Die Beitragsgelder der Krankenversicherung müssen wieder originär für Gesundheits- und Versorgungsleistungen verwendet werden.“
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