Lauterbach warnt vor massivem Anstieg der Eigenanteile bei Pflege

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fürchtet einen massiven Anstieg der Eigenanteile bei der Pflege, falls die Finanzierung nicht grundlegend reformiert wird. „Wenn wir nichts dagegen machen, kommen wir in ein paar Jahren auf Eigenanteile von 4.000 Euro pro Monat“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke Mediengruppe von heute.
Viele Ältere hätten bereits jetzt Angst davor, ins Pflegeheim zu müssen, weil die Eigenanteile aktuell je nach Bundesland zwischen 2.600 Euro und 3.300 Euro lägen, sagte Lauterbach. Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen im Rentenalter Sorgen machen müssten, ob das Geld für die Pflege reiche.
„Das ist unwürdig“, sagte der SPD-Politiker. Es sei jedoch nicht möglich, die Pflege auf dem jetzigen Niveau zu halten, ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen, mahnte Lauterbach. Nach der Sommerpause werde er dazu einen Vorschlag machen.
„Seit 2017 sind die Eigenanteile der Pflegeheimbewohner im Durchschnitt um 65 Prozent gestiegen, und es ist höchste Eisenbahn, dass die Politik dagegen etwas unternimmt“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz. Er rief vor allem die Bundesländer auf, ihrer Aufgabe der Finanzierung der Investitionskosten der Pflegeheime nachzukommen.
„Das wäre eine Sofortmaßnahme, die jeden Heimbewohner um durchschnittlich 485 Euro pro Monat entlasten würde“, sagte Lanz. „Heute müssen die Heimbewohner über ihre Eigenanteile die Investitionen selbst finanzieren“, kritisierte er.
Eine grundlegende Reform bei der Versorgung von Pflegebedürftigen im Alter fordert der Arbeitgeberverband Pflege. Der Verband verweist dazu auf eine Prognose des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), wonach im Jahr 2027 rund 36.000 Pflegefachpersonen in Deutschland fehlen werden.
„Prognosen wie die des IW sorgen immer wieder für Schockwellen. Sie zeigen die Zukunft der Altenpflege, wenn wir nichts unternehmen“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes, Thomas Greiner. Wichtig seien Konzepte, mit denen es gelinge, mit weniger Fachpersonal mehr Menschen zu versorgen. Andernfalls blieben immer mehr Pflegebedürftige unversorgt auf der Strecke.
„Wir brauchen einen Systemwechsel, der Pflegepersonal von bürokratischen Lasten befreit, einen effizienten Personaleinsatz ermöglicht und Pflegequalität nicht mehr an der Menge ausgefüllter Formulare misst, sondern am Wohl der Pflegebedürftigen“, so Greiner.
Er warnte, der demografische Wandel ließe sich nicht wegregulieren. „Die Versorgung unserer Alten sichern wir nicht mit Formularen und Quoten, sondern mit der Tatkraft des Pflegepersonals und der Verantwortung der Pflegeunternehmen“, betonte er.
Der IW hatte seine Prognose am 9. August vorgestellt. Danach fehlen im Jahr 2027 in Deutschland rund 728.000 Fachkräfte – insbesondere im Verkauf, der Kinderbetreuung, der Sozialarbeit und in der Pflege.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: