Lehren aus der Pandemie: Eulengremien sollen Politik beraten

Erfurt – Der Wissenschaftliche Beirat zum Pandemie- und Pandemiefolgenmanagement der Thüringer Landesregierung schlägt in seinem Abschlussbericht vor, in akuten Notsituationen wie einer Pandemie ein sogenanntes Eulengremium einzurichten, das die Politik zügig und umfassend berät.
Ein Eulengremium ist mit Fachleuten aus zahlreichen verschiedenen Disziplinen besetzt: Rechts-, Ethik- und Sozialwissenschaften ebenso wie Geografie, Informationsverarbeitung, Politik und Medizin. Der Begriff spielt auf die Fähigkeit von Eulen an, ihren Kopf um bis zu 270 Grad drehen zu können. Er ist eine Metapher dafür, eine Fragestellung von vielen Seiten betrachten und beurteilen zu können.
„Die Eulengremium-Methode ist ein Instrument für Entscheidungssituationen mit hoher Unsicherheit bei gleichzeitig kurzfristigem Bedarf an informierten Entscheidungen zu Fragestellungen mit gesellschaftlicher Relevanz“, heißt es in dem Abschlussbericht.
„Sie bietet in diesen Situationen einen raschen Überblick über den aktuellen wissenschaftlichen Konsens zu komplexen Fragen, der politischen und administrativen Entscheidungsträgern Orientierung geben kann.“
Begründung einer Abweichung vom wissenschaftlichen Konsens
Politischen Entscheidungsträgern könne mithilfe des Eulengremiums rasch verdeutlicht werden, welche Entscheidungen gegebenenfalls vom wissenschaftlichen Konsens abweichen und daher einer ausführlicheren Begründung bedürfen.
Der Grad einer Kontroverse einer wissenschaftlichen Position wird vom Eulengremium dabei in drei Stufen eingeteilt: Konsens, Unentschieden und Kontrovers.
„Politische und administrative Entscheidungen, die vom wissenschaftlichen Konsens abweichen, unterliegen – zum Beispiel im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung widerstreitender Rechtsgüter – erhöhten Begründungsanforderungen“, heißt es weiter in dem Bericht.
So sei zum Beispiel die Aussage „Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung reduziert die Weiterverbreitung des Coronavirus“ eine wissenschaftlich konsensuelle Aussage. Wenn eine politische Entscheidung von dem wissenschaftlichen Konsens abweiche, benötige sie eine Begründung, um diese Abweichung zu rechtfertigen.
Der Beirat war von der Thüringer Landesregierung im Mai 2020 einberufen worden. Er kam 53 Mal zu Beratungen zusammen. Nach dem Ende der Pandemie hat das Landeskabinett den Beirat im Juni 2023 aufgelöst.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: