Leopoldina mahnt Strategie zur digitalen Kontaktnachverfolgung an

Halle – Eine kontinuierliche, nachhaltige und abgestimmte staatliche Strategie für den Einsatz und die Weiterentwicklung digitaler Hilfsmittel für die Nachverfolgung von möglichen Infektionsketten fordert die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier weisen die Experten der Leopoldina darauf hin, dass der Einsatz digitaler Werkzeuge bis auf Weiteres auch bei hoher Immunisierungsrate der Bevölkerung notwendig bleiben werde.
Wegen neuer Virusvarianten mit erhöhter Infektiosität und unbekannten Immunausweichmechanismen bestehe das Risiko neuer Infektionswellen. Um Ansteckungsketten zu unterbrechen, sei es daher wichtig, Risikokontakte schnell zu erkennen sowie potenziell infizierte Personen zu warnen und zu isolieren.
In diesem Zusammenhang seien digitale Werkzeuge zu einem wichtigen Baustein für die Eindämmung der Coronapandemie geworden. „Vor allem bei dynamischem Infektionsgeschehen sind digitale Hilfsmittel für die Kontaktnachverfolgung unerlässlich", sagte Thomas Lengauer, Mitglied des Leopoldina-Präsidiums und einer der Autoren des Papiers. Der konsequente Ausbau digitaler Werkzeuge sei zum Management dieser Pandemie erforderlich ‒ ebenso wie für die Vorbereitung auf eine nächste Pandemie.
Bezüglich der Corona-Warn-App, die mit staatlicher Unterstützung entwickelt wurde und seit Juni 2020 zur Verfügung steht, seien höhere Nutzungszahlen wünschenswert, heißt es in dem Diskussionspapier. Das Leopoldinateam begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzlich eingeführte Check-in-Funktion für die Registrierung in Geschäften, in der Gastronomie und bei Veranstaltungen sowie die Anzeige von Testergebnissen und des Impf- sowie Genesenenstatus.
Nach der Einführung der Corona-Warn-App Mitte 2020 seien Chancen verspielt worden, das Vertrauen der Bevölkerung in die App nachhaltig zu stärken und deren Nutzung kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu bewerben, so die Kritik. Dies veranschauliche die Bedeutung fortwährender transparenter Kommunikation von Neuentwicklungen und die kontinuierliche Bewerbung der digitalen Werkzeuge.
„Die Digitalisierung der Prozesse in den Gesundheitsämtern sowie die automatisierte Unterstützung bei der Infektionskettennachverfolgung sollte mit Nachdruck vorangetrieben werden“, betonte Lengauer mit Blick auf den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD).
Das erfordere laut der Leopoldina eine technische Aufrüstung vor Ort, einheitliche Schnittstellen in den verwendeten Softwaresystemen und die Gewährleistung der Interoperabilität – aber auch entsprechende
Schulungen für das Personal.
Zudem sei für eine bessere Einschätzung des Infektionsrisikos und damit auch für eine effizientere Pandemiebekämpfung eine Benennung entsprechend relevanter, durch die Gesundheitsämter zu erhebender Daten wünschenswert, die im Verlauf der Pandemie an den wachsenden Wissensstand angepasst werden.
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