Maskenbeschaffung: Haushaltsausschuss will Sonderermittlerin Sudhof weiter befragen

Berlin – Die Debatte über die kostspielige Maskenbeschaffung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in der Coronapandemie dürfte in dieser Woche weitergehen. Übermorgen will sich der Haushaltsausschuss des Bundestages erneut damit befassen und die Befragung von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD) fortsetzen.
Diese hatte ursprünglich noch vor der Sommerpause stattfinden sollen, war aber zum Unmut der Opposition verschoben worden.
In ihrem im Frühsommer bekannt gewordenen Bericht ans BMG erhob Sudhof schwere Vorwürfe gegen den früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Maskenbeschaffung damals geleitet hatte. Dieser rechtfertigte das damalige Krisenmanagement.
Im Juni hatte Sudhof schon einmal Fragen des Ausschusses beantwortet, dies war als vertraulich eingestuft. Auf der Tagesordnung (Stand. 4. September) für übermorgen steht neben dem Austausch mit Sudhof auch die Frage nach Gründen für die Größenordnung bestellter Masken.
Der Bundesrechnungshof (BRH) hält in einem Bericht von Anfang September an den Ausschuss klar an seiner Einschätzung fest, dass es sich um eine massive Überbeschaffung handelte.
Die Erklärung aus dem BMG für das Ordern der großen Mengen weisen die Rechnungsprüfer zurück. Unter anderem Spahn hatte im Sommer mit einem angenommenen Jahresbedarf an Masken argumentiert, der für die fünf Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen benötigt werden würde.
Nach Darstellung des BRH stand die Beschaffung eines Jahresbedarfs durch das BMG aber damals nicht zur Debatte, dafür habe es auch kein Mandat gehabt.
Rechnungsprüfer: Untauglicher Rechtfertigungsversuch
„Die Bezugnahme auf einen vermeintlich dringlich zu beschaffenden Jahresbedarf von 4,7 Milliarden Schutzmasken stellt sich damit nach Überzeugung des Bundesrechnungshofes als der (untaugliche) Versuch dar, die massive Überbeschaffung nachträglich zu rechtfertigen“, heißt es im Bericht an den Ausschuss.
Das Coronakabinett habe im März 2020 zum Umfang der Beschaffungstätigkeit ausdrücklich beschlossen, dass der Bund „lediglich ergänzend zu Bemühungen der Länder und Bedarfsträger zur kurzfristigen Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Kassenarztpraxen und Akutkrankenhäusern Schutzausrüstung beschaffen“ sollte.
In damaligen Sitzungen habe die BMG-Hausleitung von Krankenhäusern und Arztpraxen als Empfänger der Ausrüstung gesprochen, neben der Bundestagsverwaltung selbst, heißt es weiter im Bericht. „Zu keiner Zeit war die Rede von einer Jahresmenge, erst recht nicht für einen ganzen Wirtschaftssektor.“
Mit der Auslieferung von 123 Millionen partikelfiltrierenden Halbmasken und 300 Millionen Mund-Nasen-Schutzmasken bis Anfang Juli 2020 sei eine drohende Versorgungskrise in der Akutmedizin abgewehrt worden, so der BRH.
„Eine Verteilung an den in der Beschäftigtenstatistik für den Gesundheitssektor genannten weiten Kreis oder gar deren Versorgung mit einem gesamten, aus Bundesmitteln finanzierten Jahresbedarf an Schutzmasken, war dagegen zu keiner Zeit geplant.“ Dies sei auch im Nachhinein nicht ins Auge gefasst worden.
Geringe Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung
Die Rechnungsprüfer zeigen sich mit Blick auf die Zukunft skeptisch: „Die geringe Bereitschaft des BMG, sich mit seinem Vorgehen bei der Beschaffung von Schutzausrüstung kritisch auseinanderzusetzen, bietet wenig Anlass zur Hoffnung, dass im Fall einer erneuten Krise die entsprechenden Lehren gezogen werden.“
Bis heute sei die Frage der Beschaffung und Bevorratung von kritischem Material für die Gesundheitsversorgung nicht geregelt.
Für heute ist auch die konstituierende Sitzung der Enquetekommission „Aufarbeitung der Coronapandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“ im Bundestag geplant. Sie soll bis zum Sommer 2027 verschiedene Aspekte der Krise beleuchten, auch die Maskenbeschaffung. Über die bisher benannten Sachverständigen hat das Deutsche Ärzteblatt berichtet.
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