Medizinalcannabis soll künftig nur nach persönlichem Arztkontakt verordnet werden

Berlin – Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzesentwurf zur Änderung des Medizinalcannabisgesetzes beschlossen. Dieser sieht vor, dass Medizinalcannabis künftig ausschließlich nach persönlichem Kontakt zwischen Patient und Arzt in der Praxis oder bei einem Hausbesuch verschrieben wird. Der Versandweg über Online-Apotheken wird künftig ausgeschlossen.
„Medizinalcannabis ist ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel und kein Produkt zu reinen Genusszwecken. Der massive Zuwachs der Importe von Cannabis sowie die Verordnungspraxis im Internet ohne jeglichen persönlichen ärztlichen Kontakt erfordern politisches Handeln“, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) heute bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes im Bundesgesundheitsministerium (BMG).
„Den professionalisierten Verordnungsmissbrauch über das Internet werden wir verbieten. Für Patientinnen und Patienten, die aus medizinischen Gründen auf Medizinalcannabis angewiesen sind, ist die Versorgung weiterhin sichergestellt“, so Warken.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes im April 2024 ist dem BMG zufolge eine „bedenkliche Fehlentwicklung“ beim Konsum von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken zu beobachten. Im ersten Halbjahr 2025 nahmen die Importe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 400 Prozent zu – von rund 19 auf rund 80 Tonnen.
Dieser Anstieg sei nicht auf einen erhöhten Bedarf bei schwerwiegend Erkrankten zurückzuführen, da die GKV-Verordnungen nur im einstelligen Prozentbereich gestiegen seien. Ziel des Gesetzentwurfs sei daher die Korrektur dieser Fehlentwicklungen.
Bei der persönlichen Verordnung in der Praxis oder beim Hausbesuch solle der Arzt neben einer sorgfältigen Anamnese und körperlichen Untersuchung den Patienten fortlaufend über die Suchtgefahr sowie mögliche körperliche oder psychische Folgen des Konsums hinweisen, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Bei Folgeverschreibungen müsse eine persönliche Konsultation pro vier Quartale erfolgen, wobei der vorherige Kontakt innerhalb des genannten Zeitraums im Zusammenhang mit der Verschreibung von Cannabis zu medizinischen Zwecken stehen muss, heißt es weiter. Unter dieser Voraussetzung könne in den folgenden drei Quartalen eine Verschreibung auch auf telemedizinischem Weg erfolgen.
Das BMG schließt den Versandweg von Medizinalcannabis aus, da es umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten gebe, die im Rahmen einer persönlichen Beratung in der Apotheke erfolgen müssten. Der Botendienst der Apotheken bleibe davon unberührt.
Die Bundesärztekammer (BÄK) unterstützt die geplanten Einschränkungen beim Umgang mit Medizinalcannabis. „Cannabis ist eine psychoaktive Substanz mit erheblichem Abhängigkeitspotenzial. Eine verantwortbare Therapie setzt deshalb eine sorgfältige ärztliche Prüfung im direkten Gespräch voraus“, betonte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt.
Noch konsequenter wäre es seiner Ansicht nach gewesen, Medizinalcannabis wieder in das Betäubungsmittelrecht (BtM) einzubeziehen. „Cannabis erfüllt nach wie vor die Kriterien eines solchen Stoffes. Eine Rückführung in das BtM-Gesetz würde die ärztliche Verantwortung klarstellen und die Patientensicherheit zusätzlich erhöhen“, sagte Reinhardt.
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christos Pantazis, begrüßt den Gesetzentwurf. Er betonte, dass „eine verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung für alle Patientinnen und Patienten, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, von zentraler Bedeutung ist“.
Die Linke spricht sich indes gegen die Änderungen im Medizinalcannabisgesetz aus, es lägen „keine sachlichen Gründe“ dafür vor. Der Gesundheitsschutz bei dem Regierungsentwurf sei „nur vorgeschoben“. „Hierdurch wird der Schwarzmarkt gefördert, verunreinigte Substanzen sind weitaus gesundheitsgefährdender“, sagte Ates Gürpinar, drogenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag.
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