Mehrheit der Bevölkerung für Weitergabe von Gesundheitsdaten an Forschung

Berlin – Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist positiv zur Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke eingestellt. 82,4 Prozent der Deutschen sind bereit, anonymisierte Datensätze mit Patienteninformationen für die Forschung bereitzustellen. Das hat eine Umfrage in der deutschen und israelischen Bevölkerung, durchgeführt von Mai bis Juli 2023, ergeben.
Die Umfrage wurde von der israelischen Krankenkasse Clalit und dem deutschen Marktforschungsinstitut EPatient Analystics durchgeführt. Unterstützt wurde die Befragung von der Initiative German Israeli Health Forum for Artificial Intelligence (GIHF-AI). 1.219 deutsche und 833 israelische Bürgerinnen und Bürger wurden befragt.
In der israelischen Bevölkerung liegt der Wert zur Weitergabe von anonymisierten Datensätzen an die Forschung bei ähnlichen 81,4 Prozent. Wenn es darum geht, eigene Daten für die Forschung zu spenden, fallen die Zustimmungswerte allerdings geringer aus. So sind nur noch gut die Hälfte der Deutschen (53,5 Prozent) und Israelis (58,5 Prozent) bereit, dies zu tun.
Bei der Frage, ob klinische öffentliche Einrichtungen, also etwa Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser, die Daten erhalten sollten, stimmen 83,8 Prozent der Deutschen und 79,8 Prozent der Israelis zu. Bei der Weitergabe der Daten an Krankenkassen ist die Zustimmung geringer: 49,1 Prozent der Deutschen und 63,5 Prozent der Israelis.
Allerdings unterscheidet sich die Rolle der israelischen Krankenkassen (Health Maintenance Organizations, HMO) deutlich von den deutschen Krankenversicherungen. So betreiben die HMOs beispielsweise Krankenhäuser oder Arztpraxen und stellen damit auch Ärzte ein.
Weniger Zustimmung bei Datenfreigabe an Pharmaindustrie
Besonders gering ist zudem die Unterstützung der Datenfreigabe für Pharmaunternehmen. Nur knapp ein Drittel der Deutschen (30,7 Prozent) und Israelis (28,3 Prozent) wollen, dass persönliche Gesundheitsdaten für Forschungszwecke von Pharmafirmen genutzt werden dürfen.
Dies ergebe keinen Sinn, erklärte Sylvia Thun, Direktorin der Einheit „eHealth und Interoperability“ am Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH) an der Charité, vorgestern bei einem parlamentarischen Frühstück zur Vorstellung der Ergebnisse.
Denn die Forschung arbeite oft mit der Pharmaindustrie zusammen, um neue Medikamente zu entwickeln. Deshalb sei es wichtig, Bürgerinnen und Bürger entsprechend zu schulen und Vertrauen zum Thema Gesundheitsdaten aufbauen, so Thun.
Bei Big-Tech-Akteuren wie etwa Google oder Apple sinken die Zustimmungswerte auf 4,4 Prozent in Deutschland und 18,1 Prozent in Israel. In beiden Ländern gibt es zudem eine kleine Gruppe von zehn Prozent, die kategorisch ablehnen, Daten für klinische Zwecke weiterzugeben (knapp zehn Prozent).
Die Abteilungsleiterin für „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Susanne Ozegowski, nannte die Umfrageergebnisse „super überraschend“ und betonte, die Werte seien eine perfekte Grundlage für die geplanten Digitalisierungsvorhaben im Gesundheitssystem.
So zeige etwa die verpflichtende Einführung des E-Rezepts, dass die Bevölkerung dies annehmen und die Umstellung funktioniert habe. Im nächsten Schritt sei es wichtig, in der Bevölkerung Vertrauen hinsichtlich der elektronischen Patientenakte (ePA) aufzubauen. Ab Januar 2025 sollen die Krankenkassen allen gesetzlich Versicherten in Deutschland eine ePA anbieten. Wer möchte, kann widersprechen. Ozegowski hofft, das dies nur wenige tun werden.
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