Neue Initiative für Organspendereform im Bundestag

Berlin – Angesichts eines deutlichen Mangels an lebensrettenden Organspenden in Deutschland kommt die Debatte über eine Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende wieder in Gang. Eine fraktionsübergreifende Abgeordnetengruppe des Deutschen Bundestages will am kommenden Montag einen Antrag für eine grundlegende Reform der Organspenderegeln in Deutschland vorstellen, die auf eine Einführung einer Widerspruchsregelung abzielt. Vorgestellt wird die Initiative von den Abgeordneten Sabine Dittmar (SPD), Gitta Connemann (CDU), Armin Grau (Grüne), Christoph Hoffmann (FDP), Peter Aumer (CSU) und Petra Sitte (Linke).
Darauf, dass bei der Organspende rechtlich ganz klar der Bundestag zuständig ist, hat am vergangenen Freitag erst Karl-Josef Laumann (CDU) verwiesen. Der Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen hatte mit mehreren weiteren Ländern im Bundesrat einen Vorstoß für einen „Systemwechsel“ bei der Organspende hin zur Widerspruchslösung unternommen.
Laumann wies darauf hin, dass derzeit mehr als 8.000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan warteten, aber im gesamten Jahr 2023 nur 2.900 Organe gespendet wurden. Dies führe zu „unzumutbar langen Wartezeiten“. Zwar habe man in den letzten Jahren viel unternommen, um die Spenderzahlen zu steigern, die Wahrheit sei aber, dass alle Versuche im Grunde gescheitert seien.
Bei einer Widerspruchslösung, wie NRW und einige weitere Länder sie unterstützen, gelten zunächst alle Menschen automatisch als organspendebereit – es sei denn, sie widersprechen. Für ihre Einführung hatte sich die Ärzteschaft bereits 2018 beim 121. Deutschen Ärztetag mehrheitlich ausgesprochen und den Gesetzgeber seitdem mehrfach aufgefordert, das Transplantationsgesetz (TPG) entsprechend zu ändern.
Es könne von jeder Bürgerin und jedem Bürger nach der Aufklärung durch die Krankenkassen erwartet werden, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen und im Falle einer tatsächlichen Ablehnung ein Nein zur Organspende zu formulieren, so eine weit verbreitete Meinung in der Ärzteschaft.
Trotz wiederholter Appelle von Ärztinnen und Ärzten scheiterte im Januar 2020 ein Gesetzentwurf zur Einführung der Widerspruchslösung. Stattdessen beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende – eine Regelung, nach der eine Organ- und Gewebeentnahme in Deutschland weiterhin nur nach vorheriger Zustimmung der verstorbenen Person oder ihrer Angehörigen erfolgen kann. Seit 1. März 2022 ist die Gesetzesänderung in Kraft.
Kernstücke der Reform damals waren eine stärkere Aufklärung durch Ausweisstellen sowie Hausärztinnen und -ärzte, die die Bevölkerung dazu bewegen sollen, konkret über eine Spende nach dem Tod zu entscheiden. Seit diesem Frühjahr gibt es auch mit dem Organspenderegister beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Möglichkeit, freiwillig seine Spendebereitschaft festzuhalten. Diese Möglichkeit wird jedoch nur sehr zögerlich genutzt.
Grünen-Politikerin Annalena Baerbock sprach sich gegen eine Widerspruchslösung bei der Organspende aus. Ein Stillschweigen zur Organspende dürfe nicht als Zustimmung gewertet werden, sagte die Außenministerin heute dem Nachrichtenportal Web.de News. Damit Menschen, die dringend ein Organ brauchen, es auch bekommen, habe der Gesetzgeber sich 2020 dafür entschieden, eine ausdrückliche Zustimmung einzufordern.
Baerbock bedauerte, dass bisher nicht alle Elemente des Gesetzes zur Zustimmungslösung vollständig umgesetzt seien, insbesondere mit Blick auf eine einfache Registrierung zum Organspenderegister. „Wenn die Realität zeigt, dass aufgrund der strukturellen Defizite die Zahlen nicht angehoben werden können, halte ich zielführende Anpassungen für sinnvoll.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: