Politik

Neue Übergangsfristen für Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen

  • Donnerstag, 31. Oktober 2024
/N F, peopleimages.com, stock.adobe.com
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Düsseldorf – Die Kliniken in Nordrhein-Westfalen (NRW) erhalten mehr Zeit, die geplante Krankenhausreform umzusetzen. Zwar sollen alle Häuser wie angekündigt bis zum Jahresende ihre Feststellungsbescheide erhal­ten. In Kraft treten werden diese aber erst zum 1. April 2025, wie das Düsseldorfer Gesundheitsministerium heute mitteilte.

Darüber hinaus werde dem Landesausschuss für Krankenhausplanung vorgeschlagen, für bestimmte Leis­tungs­gruppen eine Übergangsfrist bis Jahresende 2025 vorzusehen. Der Gesundheitsausschuss des Landtages muss diesen veränderten Fristen noch zustimmen.

Im Juni hatte das Ministerium die Kliniken darüber informiert, auf welche Behandlungen sie sich in Zukunft konzentrieren sollen. Der neue Krankenhausplan orientiert sich nicht mehr an der Bettenzahl, sondern am tatsächlichen Bedarf und klaren Qualitätsvorgaben. Regionale Besonderheiten sollen dabei berücksichtigt, Doppelstrukturen aber ab­ge­schafft werden.

Dagegen hatten dann 327 von 330 Krankenhäusern Widerspruch eingelegt. Viele Häuser verlieren durch die Reform lukrative Operationen wie zum Beispiel Knie-und Hüft-OPs. Auch mehr als die Hälfte der Kliniken, die Krebsbehandlungen durchführen wollen, sollen das in Zukunft nicht mehr machen. All das sollte eigentlich ab dem 1. Januar 2025 gelten. Die endgültigen Bescheide darüber sollten die Kliniken allerdings erst eine Woche vor Weihnachten erhalten.

Ziel der Gesundheitsreform in NRW und im Bund ist es, dass schwierige Behandlungen nur noch in Kranken­häusern durchgeführt werden, die genügend Erfahrung, genügend Personal und die richtige Ausstattung ha­ben. Das soll durch die Zuweisung von Leistungsgruppen an die Krankenhäuser organisiert werden.

Ziel der Reform ist es auch, die Zahl der Krankenhäuser zu verringern, Überversorgung abzubauen und zu­gleich die medizinische Versorgung auch in ländlichen Gebieten zu erhalten. Über den Aufschub hatte zu­nächst der WDR berichtet.

„Wir müssen den Krankenhäusern in unserem Land schon einen angemessenen Zeitraum geben, damit sie die nötigen Veränderungen umsetzen können, nachdem sie den Feststellungsbescheid erhalten haben“, erklärte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist doch klar.“

Die Übergangsfristen sein vorgesehen, damit sich die Krankenhäuser auf die wohl größte Strukturreform im Gesundheitswesen seit Jahrzehnten optimal vorbereiten könnten und dabei die Versorgungsqualität gewähr­leistet bleibe. „Gleichzeitig bleibt es dabei, dass jedes Krankenhaus bis Ende des Jahres weiß, welche Leistun­gen es in Zukunft anbieten kann“, unterstrich Laumann.

Aus Sicht des NRW-Gesundheitsministeriums gibt es bislang zu viele „Gelegenheitsversorger“, die nur auf ein­stellige Fallzahlen im Jahr kommen und damit nicht genügend Expertise und Erfahrung für komplexe Be­hand­lungen mitbringen. Durch Konzentration und Spezialisierung will Laumann sicherstellen, dass Patienten künftig die bestmögliche stationäre Versorgung erhalten. Gleichzeitig soll eine ortsnahe Notfallversorgung erhalten bleiben.

Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) lobte, die Verschiebung werde der Bedeutung der „für viele Kran­kenhäuser einschneidenden Veränderungen“ gerecht. Auch für die Patienten schaffe die zusätzliche Zeit Sicher­heit, dass sie sich weiterhin auf eine verlässliche und qualitativ hochwertige Behandlung in den Kliniken verlassen könnten.

Die KGNW habe aber immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur der Auf- und Ausbau von Leistungsgruppen Zeit und Investitionen brauche, sondern auch die Schließung von Stationen sowohl Zeit als auch Geld kosten werde.

„Deshalb setzen wir darauf, dass in dieser zusätzlichen Zeit auch eine tragfähige Lösung für diese Transforma­tionskosten gefunden wird“, betonte Verbandspräsident Ingo Morell. Die Gewerkschaft Verdi begrüßte die Übergangsfrist, forderte aber mehr Personal.

Die SPD-Opposition folgerte aus der nun angekündigten Verschiebung der Umsetzungsfristen, Laumann halte dem Druck der Krankenhäuser nicht mehr stand und habe „offensichtlich eingesehen, dass bei der Kranken­haus­planung ein „mit dem Kopf durch die Wand" nicht funktioniert“.

Trotz des neuen Zeitplans bleibe aber weiter unklar, wie die Landesregierung die Krankenhausplanung finan­zieren wolle, monierte die Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Lisa-Kristin Kapteinat. „Bis zum Jahr 2030 sollen 2,5 Milliarden Euro für die Krankenhausplanung zur Verfügung gestellt werden“, stellte sie fest.„Die Krankenhäuser haben aber bereits rund sieben Milliarden Euro an Investitionsmitteln beantragt - wie diese Lücke geschlossen werden soll, ist allen Beteiligten nach wie vor ein Rätsel.“

327 von 330 Krankenhäusern in NRW hätten gegen Laumanns Pläne Widerspruch eingelegt, hielt der gesund­heitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thorsten Klute, fest. Jetzt müsse sich erweisen, ob „die Probleme nur auf die lange Bank oder nach Berlin“ geschoben würden. Aus Sicht der FDP zeigt die Verschiebung des Zeitplans „Laumanns mangelnde Vorbereitung“.

dpa/kna

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