Politik

Notdienst, Implantategesetz, PrEP: SPD und Grüne setzen weitere Änderungsanträge auf

  • Mittwoch, 13. November 2024
/picture alliance, Bernd Weißbrod
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Berlin – Die Ampelkoalition ist Geschichte. Dennoch laufen eine Reihe politischer Abläufe weiter wie bisher. Das Bundeskabi­nett beschließt Gesetzentwürfe, zu den Reformvorhaben werden Änderungsanträge eingereicht. Unklar ist derzeit, was aus all diesen Vorhaben am Ende werden wird.

Ohne Mehrheit müssten Union oder FDP für einzelne Vorhaben oder Gesetzespakete stimmen. Das gilt auch für zahlreiche Änderungsanträge, die SPD und Grüne heute kurz vor der öffentlichen Anhörun­gen zum „Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“ – besser bekannt als Gesundheitsversorgungsstärkungs­gesetz (GSVG) – am späten Nachmittag vorgelegt haben.

Ein Antrag sieht darin zum Beispiel gesetzliche Klarstellungen für den vertragsärztlichen Notdienst vor. Darin heißt es, Tätigkeiten im Notdienst, zu denen der Vertragsarzt aufgrund seiner Zulassung verpflichtet sei, seien sozial­ver­sicherungsrechtlich der Haupttätigkeit zuzuordnen.

Die Vorarbeit für das Gesetz hatten ärztliche Selbstverwaltung und Politik – Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenärztliche Ver­einigungen (KVen), Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) so­wie die Deutsche Rentenversicherung Bund – bereits im Juli gelegt als man sich auf Eckpunkte verständigt hatte. Im August waren dann letzte Details geklärt.

Damals hieß es von der KBV, die vereinbarten Eckpunkte wür­den nun in Gesetzesform gegossen. Sie könnten aber unabhängig davon ab sofort angewendet werden. Damit habe man „Sicherheit und Klarheit geschaffen“, sagten die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.

Die Klärung der versicherungsrechtlichen Statusbeurteilung für Ärzte, die im vertragsärztlichen Notdienst tätig sind, war nach einem Urteil des Bundessozialgerichts notwendig geworden. Das hatte entschieden, dass niederg­elassene Zahnärzte, die in Baden-Württemberg an der vertrags­zahnärztlichen Not­dienstversorgung teilnehmen, nicht automatisch selbstständig sind. Daraufhin hatten viele KVen ihren Bereitschaftsdienst einschränken müssen.

Vorgesehen ist von SPD und Grünen auch, die extrabudgetäre Vergütung, die Hausärzte für die Terminvermittlung an Fachärzte erhalten, in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu bereinigen.

Es seien mit dem GKV-Finanz­stabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) „starke Anreize gesetzt“ worden, extrabudgetäre Vergütungen (EGV) über Vermittlun­gen zu generieren, heißt es in der Begründung. In der Folge sei die Anzahl extrabud­getär abrechenbarer Behand­lun­gen seit dem 1. Januar 2023 deutlich angestiegen, insbesondere bei den durch Hausärzten vermittelten Fällen.

„SPD und Grüne haben in all ihren Gesetzesvorhaben gezeigt, dass sie die ambulante Versorgung entgegen der An­kündigung nicht stärken wollen“, sagte dazu der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Würt­temberg (KVBW), Karsten Braun. Der zur Disposition gestellte Hausarztvermittlungsfall sei ein wichtiges Ins­trument der Patientensteuerung. „Wenn man diesen abschaffen würde, verschärft man den Zugang von Patienten zu Arztterminen noch weiter.“

Die KBV schreibt dazu in einer Stellungnahme, die Änderung konterkariere die gesetzliche Intention der Einführung des Hausarztvermittlungsfalls und der Förderungen von TSS‐Vermittlungsfällen. Die Regelungen seien eingeführt worden, um zusätzliche Termine in medizinisch erforderlichen Fällen bei Fachärzten zu schaffen. Anders als darge­stellt, sei die EGV im Jahr 2023 gegenüber 2022 „nicht gewachsen, sondern vor allem aufgrund der Abschaffung der Neupatientenregelung um neun Prozent zurück gegangen“.

Neben diesen beiden Anträgen gibt es eine Reihe weiterer. Vorgesehen ist unter anderem ein Ausbau des Implan­tateregistergesetzes. Angedacht sind etwa erweiterte Informationspflichten, Änderungen der Betriebsverordnung und der Gebührenverordnung.

In einem weiteren Antrag ist der Aus­schluss von über 55-jährigen privat Versicherten (PKV) aus der gesetz­lichen Krankenversi­cherung (GKV) vorgesehen. Mit der Regelung soll „zum Schutz der Solidargemeinschaft“ sichergestellt wer­den, dass ein Wechsel „zu diesem späten Zeitpunkt in ihrem Erwerbsleben“ aus der PKV in die GKV erfolgen kann.

Darüber hinaus ist eine gesetzliche Klarstellung bei Fragen medizinischer Vorsorgeleistungen geplant. Das betrifft etwa die Erstattungsfähigkeit von Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Die Regelung soll Anspruchsrechte klarstellen. In der Praxis sei die Versorgung bislang uneinheitlich gehandhabt worden, heißt es in der Begründung.

Weitere Änderungsvorhaben betreffen Notfallkontrazeptiva für Opfer sexualisierter Gewalt, womit die Altersgrenze aufgehoben werden soll, wenn ein Verdacht auf eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung besteht. Darü­ber hinaus sollen Verhütungsmittel als Satzungsleistung möglich werden, wenn Versicherte 23 Jahre oder älter sind. Verlängert werden sollen auch diverse Modellvorhaben wie die Behandlung pädophile Sexualstörungen.

Weitere Themen betreffen unter anderem die ambulante Pflege, die Eingliederungshilfe und Sprachmittlung, die Beantragung einer Krankenversichertennummer durch private Krankenversicherungsunternehmen sowie die Ein­führung Direktabrechnung für privatversicherter Kinder und Jugendliche und die Beitrittsmöglichkeit kranker und behinderter Kinder ohne Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse in die PKV.

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