Politik

Politik denkt über Neuregelung der Quarantänedauer nach

  • Donnerstag, 30. Dezember 2021
/picture alliance, CHROMORANGE, Michael Bihlmayer
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Berlin – Die Entwicklung der Coronapandemie mit einer befürchteten fünften Welle wirft auch nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Frage nach der Quarantänedauer auf.

Es sei „eine etwas andere Situation als wir vor einer Woche gehabt haben“, sagte der SPD-Politiker ges­tern Abend in den ARD-„Tagesthemen“. Man müsse nun überlegen, „was bedeutet das für die Quarantäne-Dauer, was bedeutet das für die Kontaktreduzierungen?“

Es gebe aber derzeit nur Schätzwerte zur Coronalage, weil die Neuinfektionen über die Feiertage nur unzureichend erfasst würden: weil weniger getestet werde, weil die Tests dann auch verspätet an die Gesundheitsämter gemeldet würden und weil die Ämter selbst die Daten auch später weiterleiteten.

Die Gesundheitsämter hätten viel zu wenig Personal, sagte Lauterbach. Er wolle dies ändern. „Das ist eine Priorität, die ich habe.“ Die Schätzwerte seien aber „gut genug, um zu sehen, was sich in Deutschland abspielt“.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dringt auf eine Regelung für Deutsch­land. „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um gut vorbereitet zu sein – auch und gerade mit Blick auf die kritische Infrastruktur“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson.

„Denkbar wäre aus meiner Sicht beispielsweise eine Befreiung von der Quarantäne für geboosterte Kontaktpersonen.“ In der Sendung „RTL Direkt“ sagte er, nötig sei eine Stellungnahme des Robert-Koch-Instituts (RKI) oder des Experten­rats der Bundesregierung noch vor der kommenden Ministerpräsiden­tenkonferenz am 7. Januar.

Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder auf, mehr Labor- und Testkapazitäten zu ermöglichen. Sie sollten „dafür sorgen, dass die niedergelassenen Praxen die nötigen PCR-Tests auch an Feiertagen wie Weihnachten und Neujahr sicherstellen und auch genügend Laborkapazitäten an diesen Tagen zur Verfügung stehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Gesundheitsämter seien nicht das Nadelöhr – die meisten PCR-Tests würden von der Ärzteschaft durch­geführt. „Da viele Arztpraxen und Labore jetzt im Weihnachtsurlaub sind, wird dort weniger getestet.“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Verständnis für die Verkürzung der Coronaquarantäne durch einige Staaten gezeigt. Die Reduzierung der Quarantänedauer sei ein „Kompromiss“ zwischen der Kon­trolle des Infektionsgeschehens und wirtschaftlichen Überlegungen, sagte der WHO-Notfall-Beauftragte Michael Ryan in Genf.

„Wenn man die Quarantänezeit verkürzt, wird es eine kleine Anzahl von Fällen geben, in denen die Be­troffe­nen erkranken und das Virus möglicherweise übertragen, weil sie früher aus der Quarantäne ent­lassen wurden“, sagte Ryan. Dies werde jedoch nur „eine relativ kleine Zahl“ ausmachen, betonte er.

Folglich sei eine Verkürzung ein Kompromiss zwischen der Wissenschaft und dem Versuch, eine mög­lichst geringe Beeinträchtigung der Wirtschaft und Gesellschaft zu erreichen. „Die Regierungen bemühen sich, dieses Gleichgewicht zu finden.“

Bislang haben drei Staaten die Isolationsdauer für positiv auf das Coronavirus Getestete verkürzt. Ges­tern kündigte die spanische Regierung an, die Quarantäne für Infizierte von zehn auf sieben Tage herab­zusetzen. Zuvor hatten bereits die USA die Quarantänezeit für symptomfrei Infizierte von zehn auf fünf Tage halbiert.

Argentinien schloss sich dem gestern an und kündigte eine Reduzierung der Quarantäne von vollständig geimpften Infizierten von zehn auf sieben Tage an. Geimpfte, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, aber keine Symptome aufweisen, müssen sich laut Gesundheitsministerin Carla Vizzotti nur noch fünf Tage lang isolieren.

Die WHO empfiehlt in ihren Richtlinien, symptomatisch Infizierte nach Auftreten der Symptome zehn Tage in Quarantäne zu schicken, plus mindestens drei weitere symptomfreie Tage. Bei Infizierten ohne Symptome rät die WHO zu einer Isolationsdauer von zehn Tagen nach dem positiven Test.

afp/dpa

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