Politik

Rechnungsprüfer mahnen verfassungsrechtliche Prüfung des Transformationsfonds an

  • Dienstag, 9. September 2025
/picture alliance, Ulrich Baumgarten
/picture alliance, Ulrich Baumgarten

Berlin – Die vom Bund geplante Vergabe von Milliardenzuschüssen aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ an die Kliniken sollte verfassungsrechtlich geprüft werden. Das mahnt der Bundesrechnungshof (BRH) an. Er sieht die Mittelverwendung insgesamt kritisch.

Der Bundesrechnungshof fordere „eine sorgfältige verfassungsrechtliche Prüfung“, ob sich die Maßnahme mit dem Zweck des Sondervermögens vereinbaren lassen, heißt es in einem neuen BRH-Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.

Der BRH argumentiert, die Mittel des Sondervermögens dürften ausschließlich zur Finanzierung und Förderung von öffentlichen Investitionen in Infrastruktur eingesetzt werden. Das sei aber nicht gegeben.

„Weder stellt ein ergänzender Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds eine Investition dar, noch ist sichergestellt, dass die Mittel am Ende für Investitionen in die Krankenhausinfrastruktur eingesetzt werden“, betonen die Rechnungsprüfer in dem Report.

Den Plänen der Regierung zufolge würden die Krankenhäuser die Hilfen als pauschalen Rechnungsaufschlag zur freien Verfügung und ohne jeden Verwendungsnachweis erhalten. Diese Konstruktion stelle „nicht einmal ansatzweise eine Verbindung zwischen dem Einsatz der Mittel aus dem Sondervermögen und irgendwelchen Investitionen seitens der Krankenhäuser“ dar.

Zweckbindung mehr als gefährdet

„Der Bundesrechnungshof sieht daher die Zweckbindung des Sondervermögens durch diese Konstruktion mehr als gefährdet. Es handelt sich letztlich um eine flächendeckende Subventionierung der gesamten Krankenhauslandschaft mit der Gießkanne.“

Die Rechnungsprüfer sorgen sich, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird, politisch gewünschte Vorhaben auch ohne Rücksicht auf den Regelungsrahmen in Artikel 143h Grundgesetz aus dem Sondervermögen zu finanzieren.

Die Bundesregierung plant, aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2025 und 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2026 als Soforttransformationskosten an die Krankenhäuser zu verteilen. Die Mittel sollen als ergänzender Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds gehen.

Die Krankenhäuser werden praktisch ermächtigt, einen Rechnungszuschlag für die voll- oder teilstationäre Behandlung gesetzlich Versicherter zwischen dem 1. November 2025 und dem 31. Oktober 2026 zu erheben. Der Bundeszuschuss soll pauschal die Ausgaben abgelten, die den Krankenkassen durch diesen Zuschlag entstehen.

Durch den ergänzenden Bundeszuschuss erhöhen sich die Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Krankenkassen in den Auszahlungsjahren 2025 und 2026. Die aus diesen Rechnungszuschlägen resultierenden Mehrkosten müssen die Krankenkassen für ihre jeweils behandelten Versicherten tragen.

Die Rechnungsprüfer haben zu der Mittelverwendung nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken. Sie stellen auch die Finanzierung insgesamt infrage. „Der Bundesrechnungshof sieht diese Maßnahme und ihre Finanzierung äußerst kritisch. Der Bund ist grundsätzlich nicht für die Krankenhausfinanzierung zuständig. Die Wirtschaftlichkeit der geplanten pauschalen und flächendeckenden Auszahlung ist fragwürdig“, heißt es im Bericht.

Der Zuschlag würde „völlig unabhängig von tatsächlichen Investitionsvorhaben an alle Krankenhäuser fließen und damit nicht bedarfsbezogen wirken“. Dies wäre eine „Förderung nach dem Gießkannenprinzip“. Begünstigt würden auch Kliniken, die nach den Vorgaben der Krankenhausreform nicht dauerhaft erhalten bleiben sollten oder überhaupt keine Investitionen beziehungsweise nicht in der entsprechenden Höhe planen würden.

Darüber hinaus lasse sich auch die Höhe der künftig tatsächlich abgerechneten Zuschläge nicht präzise prognostizieren, weshalb der Bundeszuschuss ausdrücklich zur pauschalen Abgeltung gewährt werde. „Das Verfahren birgt damit auch die Gefahr, dass letztlich mehr als die vorgesehenen vier Milliarden Euro an die Krankenhäuser fließen“, so der BRH.

Die Finanzierung des etwaigen Mehrbetrages sei „völlig offen“. Damit werde ein klarer Anreiz für Krankenhäuser zu mehr Behandlungen im Regelungszeitraum gesetzt. „Dies kann zu einer unbeabsichtigten finanziellen Ungleichbehandlung innerhalb der Kliniklandschaft führen, denn nicht alle Krankenhäuser können im gleichen Umfang ihre Behandlungsmengen steuern.“

Weil die Verteilung der erhöhten Zuweisungen dem Risikostrukturausgleich folge und nicht den tatsächlich zu leistenden Zuschlägen, könnten auch die Krankenkassen dadurch ohne sachlichen Grund unterschiedlich belastet werden.

may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung